- 51 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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einer Gruppe Anregung und Beitrag genug sein, um eine indifferente Menge oder überindividualisierte Gesellschaft gesellig zu machen. Der Wert solcher ausstrahlenden und oft beglückenden Leistungen sei besonders hervorgehoben. Aber es geht auch bei unserem Thema um gesellige Unmittelbarkeit, nicht nur um das Hineingenommenwerden durch andere, sondern um geselliges Sein "schlechthin" mit den Mitteln der Musik.

Allgemeines Singen

Wenn der Singkreisleiter seine Chorleiterkünste bei der geselligen Musik nicht zu weit treibt, sondern sich bemüht, den Besitz von Kanons, Madrigalen und weltlichen Liedsätzen anzureichern, ihren Charakter zu verdeutlichen, um sich dann als Dirigent überflüssig zu machen, so daß dergleichen an Kaffeetafeln, in Autobussen und bei Familienfesten angestimmt werden kann, hat er recht getan. Die Geselligen Abende an den Kasseler Musiktagen, bei denen Singen für alle nur durch Seiten- und Tonangabe eingeleitet wurde, förderten eine schlichte unprätentiöse Geselligkeit. Sicher ist eine derartige Handhabung nicht weit vom Kommerssingen entfernt. Sie unterscheidet sich durch die Qualität der Liedauswahl, durch die Mehrstimmigkeit, durch das "Wie" des Singens. Das Kommerssingen (verteilter Text oder Liederbücher) ist eine mögliche Form musikalischer Massenbewältigung, d.h. - durch keine Leitung unterbrochenes und reflektiertes - gemeinsames Handeln auf der Ebene eines common sense.

Offenes Singen

Ist damit einerseits das Wort für ein pädagogisch unbetontes "community singing" geredet, so sei andrerseits auf variable Möglichkeiten beim Offenen Singen hingewiesen. Dafür behält jene offene Singstunde in der Berliner Musikhochschule - es war wohl 1926 - für manche Teilnehmer ihre Leuchtkraft. Das improvisatorische singende Wechselspiel von Empore zu Empore, vom Saal zum Podium, erzeugte waches Mitgehen der Anwesenden, lockte den Leiter zu kühnen Einfällen und verursachte heitere Zwischenfälle. Aber vor allem, wie es Jöde gelang, in die Melodien einzuführen, das war wesentlich. Die "Singende Hand" zeichnete die melodischen Bewegungen. Man gewann durch ihre Anschaulichkeit den Impuls zur Erfassung der musikalischen Linie. Das Offene Singen hat in mehr als 30 Jahren mannigfaltige Ausprägungen gefunden, aber dabei zweifellos etwas von der


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