- 30 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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Angeklebtes zum Text. Die Poesie, die durch die Einheit vom Wort und Ton geschaffen ist, wird oft zerstückelt, sie kann nicht entstehen. - Oder nach dem Prinzip der Papageienmethode wird eine Melodiezeile nach der anderen eingelernt, wobei zur angeblichen Erleichterung zunächst das Tempo verlangsamt wird und schwierige Tonschritte in vielfacher Wiederholung trainiert werden. Schließlich, nach vieler Mühsal, ist das Lied zusammengesetzt. - Es ist schon ein entscheidender Fortschritt, wenn ein Lied zunächst als Ganzes erfaßt und wenigstens in seiner richtigen Gangart stückweise eingesungen wird.

Im entwickelnden Verfahren aber möge das Lied entstehen, so daß die endgültige Gestalt auf vielfältigen Wegen erst erreicht wird. Die Wege bahnen den Zugang zum besseren Verständnis, sie schaffen ein näheres Verhältnis. Natürlich müssen sie Freude entstehen lassen, Fröhlichkeit, spannende Erwartung, Neugier, sie müssen zur Sammlung führen wie auch zur Vitalität.

Sie müssen musikalisieren, die Teilnehmer musikalischer machen. Schematisch aufgezeigt:

1. Die Kinder werden mit der Melodie vertraut durch Vorspielen, Vorsingen oder Vorsummen. Sie entdecken Stimmung und Charakter und suchen nach einem passenden Text, wenigstens dem Sinne nach. Es muß nicht unbedingt zu einer Wortunterlegung kommen. Nun lernen sie den eigentlichen Text kennen. Nach der Vorüberlegung kann er überraschen. Möglich, daß die Kinder das Wesen der Melodie nicht erkannt haben. Möglich, daß die Mehrdeutigkeit einer Melodie offenbar wird. Diese Mehrdeutigkeit hat ja das Parodieverfahren möglich gemacht, geistliche und weltliche Texte zugleich einer Melodie zu unterlegen, also den Inhalt zu wechseln.

2. Der Text wird gegeben. Man lauscht in ihn hinein und versucht, ihn zu singen. Besonders bei stimmungskräftigen Versen ist das freie musikalische Fantasieren ohne weiteres möglich. Nach solchen Fantasievorspielen ist es leicht, bei der vorgegebenen Methode wahrzunehmen, ob sie von einmaliger Besonderheit ist.

3. Der Rhythmus einer Melodie wird als Klopfrhythmus gegeben und zu textlichen und melodischen Erfindungen benutzt. Wieder wird dadurch für das eigentliche Lied bereit gemacht, um das es geht.


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