- 26 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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von abseitiger Sondermeinung geredet werden könnte, wenn die Musik als Erziehungsfaktor und Lebenskraft benannt wird. Doch läßt sich das Erfahrene nicht durch fröhliche Bereitschaft kopieren, noch kann es mit gutem Willen allein geleistet werden. Das Aufspüren echter Singsituationen und deren Ausfüllung und Erfüllung, die Entstehung von Schulsitten und Bräuchen, die mit dem Lied verbunden sind, setzt planvolle Übung voraus. Daher mein Anruf: Die Musikstunde in der Schule, ihre sinnvolle Ausnutzung in sachlicher Vertiefung ist grundlegend für ein echtes Verhältnis zum Lied. Hieraus kann sich ein über die Stunde hinaus wirkendes Klima entwickeln, kann innere Bewegung Erstarrung aufbrechen, kann der Schulautomatismus vielleicht etwas überwunden werden, kann an Stelle des Absingens, Heruntersingens von Liedern sich ein Singstil entwickeln, der "Verwandlung für eine Zeit" möglich macht. Shakespeare sagt: "Weil nichts so stöckisch, hart und voll von Wut, das nicht Musik für eine Zeit verwandelt." Mit dem sachgerechten Umgang verbindet sich Lauschen, Horchen, Hören, Singen, in Tönen denken, spielen und gestalten, Bewußtmachen musikalischer und anderer Sinnzusammenhänge. Je nach Ansatz entstehen dabei gesellige Fröhlichkeit, dienende Haltung oder besinnliches Verhalten. Es gehört dazu, daß der Vermittler des Liedes, der Lehrer also, nicht dieses oder jenes Liederblatt heruntersingt oder einübt, sondern, ohne auf bestimmte Zwecke hinzuarbeiten - Elternabend, Morgenrunde usw. -, in das Wesen eines Liedes einzudringen sucht und sich mit den Kindern um Wesenserschließung bemüht. Hierbei kann völlig überflüssig sein, ob das Lied in die Jahres- oder Tageszeit paßt oder ein Feiertag "dran" ist, wenn auch solche Bezogenheiten die Auswahl natürlich erleichtern. Das Wesen eines Liedes kann sich nur enthüllen, wenn sich dabei eine Wesenserschließung der Kinder zugleich vollzieht. Das Lied muß ja in sie hineinströmen können, damit ihr eigener Atem zur Strömung wird, die das Lied trägt. Wenn vegetatives Leben gedeihen soll, bedarf es der Auflockerung des Bodens. Die Handhabung des Singleiters, körperlich-seelische Auflockerung zu erreichen, ist weithin bekannt. Im Einsingen von Liedern versucht er das Körpergefühl, die Atmung und den Bewegungssinn zu mobilisieren. Durch gesellige Lieder mit Vorsänger und Chorus, mit Wechselsingen, mit Spaß des Textes, mit Bezogenheiten auf die Anwesenden, mit Deutungen des Wortinhaltes auf die Gelegenheit, mit spielerischen Varianten, die sich aus Wort und Ton


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