- 25 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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Worte aus dem Klangmelos heraus, in den sie selber gebettet sind. Sie werden Klang im natürlichen Moll und die melodischen Wendungen haben fallende Gebärde. Ich ziehe matt dahin, die Stimmung trägt mich fort und will nicht enden. Besondere Eigenheit? Ich will leise gesungen werden, die Stimmung darf nicht zerstört werden.

Zu einem menschlich persönlichen Verhältnis gehört das Mitfühlen: Freude, Jubel, Trauer und Schmerz. Es gehören dazu Rausch und Entrückung, das Nichtgestimmtsein, die Langeweile, die glasklare Helligkeit wie die Heiterkeit. Vielen Gefühlsschwankungen ist das menschliche Miteinander ausgesetzt. Auch aus dem Umgang mit dem Liede entstehen Gefühle, erwachsen Stimmungen. Wir können sie nicht leugnen. Nur: Gefühle - Stimmungen sollten nicht in einer Einstimmung seelischer Art "gemacht", vorgegeben, gezaubert werden, sondern sie sollten erwachsen aus dem sachlichen Umgang. Um den menschlichen Vergleich bis zu Ende durchzuführen: menschliche Partnerschaften können auf die Dauer nur bestehen, wenn sie nicht nur aufeinander bezogen sind, sondern im geistigen Gerichtetsein miteinander ihren Weg gehen. Auch die Partnerschaft mit dem Liede kann auf die Dauer nur erquicklich sein, wenn sie nicht nur dem Selbstgenuß dient, sondern gerichtet, bezogen ist, geistige Bindung sucht.

Wir sind gewöhnt, das Lied als Ausgang und Mittelpunkt unserer Musik in der Schule hinzustellen. Eine Tradition volksmusikalischen Lebens verpflichtet - scheinbar ohne jeden Zweifel - zur selbstverständlichen Fortführung. Und doch scheint mir der opponierende Lehrer - das Liedersingen ist eine verlogene Romantik - manchmal ehrlicher als der indifferente Stundengeber, bei dem es zu einem wirklichen Kontakt mit dem Gesungenen gar nicht kommt. Fragwürdig bleibt ebenso das fröhliche Trallala, wenn in Selbstgenügsamkeit keine geistigen Kontakte hergestellt werden.

Meine Ausführungen beschränken sich auf den Aufgabenbereich der Volksschule. Unsere Volksschule ist im weiten Maße keine Lebensstätte, sondern eine Lernstätte. Alle Richtlinien können einen Wandel darin wohl nur sehr langsam zustande bringen. Wir wissen von der Hilfe, die das Singen geben kann, die Jugend zu ihrem Sein zu bringen. ("Hier bin ich Mensch, hier kann ich sein".) Die Gestaltwerdung eines Kinder und Jugendlebens durch Musik ist in verschiedenen Bildungszentren, insbesondere in Heimschulen, zu stark erlebt worden, als daß


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