Umgang mit dem Lied
Das Thema "Umgang mit dem Lied" meint: wie gewinne ich ein persönliches Verhältnis zum Lied, wie kann ich andern zu einem persönlichen Verhältnis zum Liede verhelfen? Es handelt sich also nicht um eine Betrachtung im Sinne abständiger Wertung, auch nicht in erster Linie um Objektivationen musikalischer und sprachlicher Tatbestände, die mit dem Lied zusammenhängen. Wir kommen der Absicht dieser Ausführungen näher, wenn wir uns den Gebrauch des Wortes Umgang im menschlichen Bereich vergegenwärtigen. Wir sagen: Er pflegt schlechten Umgang, und meinen damit den Umgang mit Menschen zweifelhafter Qualität. Im musikalischen Bereich würde es sich um einen Umgang mit gar zu liederlichen Liedern handeln. Über den Umgang von Menschen heißt es: Sie verstehen es gar nicht miteinander. Die Parallele zum Musikalischen: Man hat zum Lied gar kein Verhältnis. Menschen suchen Umgang mit anderen Menschen, weil sie von Natur aus gesellig sind, weil sie Gespräch und Austausch brauchen. Musikalisch: wir suchen Umgang mit dem Lied - und zumeist zusammen mit anderen -, weil dabei Geselligkeit, Gemeinsamkeit entsteht, weil unser Fühlen und Sinnen bestätigt wird, weil wir in ein Gespräch kommen mit einer klingenden Ausdrucksform, die das "zeitlos Allgemeine" wie das "unwiederholbar Besondere" in sich trägt.- Menschen gewinnen im Umgang ein unmittelbares Verhältnis zueinander, das sie beglückt, beschenkt und zum Schenken bereit macht. Auch der Umgang mit den Liedern bringt im geist-seelischen Bereich beglückenden Austausch zustande. Zum menschlichen Miteinander gehört das Fragen: wer bist Du, wo kommst Du her, was suchst Du, wen suchst Du, wie bist Du, welches sind Deine besonderen Eigenheiten? Dieses Fragen gehört auch zum Umgang mit dem Lied. Machen wir die Probe aufs Exempel, und es sei erlaubt, in kindlicher Denkungsweise das Lied zu personifizieren.
1. Beispiel: Wer sich die Musik erkiest ... (Martin Luther, Heinz Lau).*
Wer bist Du? Ich bin ein Loblied auf die Musik.
----------
* Erschienen in: Das singende Jahr, Möseler-Verlag
|