- 22 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (21)Nächste Seite (23) Letzte Seite (248)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Sinne, wie es Fritz Jöde in seinen Offenen Singstunden einstmals begonnen hat. Vielleicht kann eine Singstunde selbst zum Kunstwerk werden, wenn man sich Shakespearescher Gestaltungsprinzipien bedient. Wie ist es in seinen Schauspielen? Sie vollziehen sich dreischichtig. Da ist die derbe Welt der Ulkfiguren. Dieser Schicht entspricht das derbe Lied, in dem sich die robusteren Naturen fühlen können. Da sind Herzöge und Edelleute, die gehobene Schicht, die, in das Wechselspiel des Dramatischen verwickelt, aber doch immer Zeit finden, alles Tun geistig zu reflektieren. Dieser Ebene entspräche das Hineinführen in eine anspruchsvolle Melodie, wobei der Versuch der geistigen Durchdringung immer gewagt werden müßte. Die dritte Schicht macht die Geisterwelt aus, die mal koboldartig, mal schemenhaft in menschliches Schicksal hineinwirkt, ein fluktuierendes Element. So könnte eine Singstunde im Wechselspiel gestaltet sein: derb wie die Ulkfiguren, voll Geist wie die Edelleute und spottlustig, schemenhaft und voll Leichtigkeit wie die Kobolde und Geister. Eine so vielfältige Durchführung einer Singstunde stellt an den Leiter hohe Anforderungen und ermöglicht die Entfaltung höchster künstlerischer Qualitäten. In solcher Mehrschichtigkeit des Umgangs mit dem Lied könnten zwei Gefahren gebannt werden, die sowohl dem gemeinsamen Singen als auch dem neuen Lied zugesprochen werden: der Singrausch und die simple Naivität.


Erste Seite (1) Vorherige Seite (21)Nächste Seite (23) Letzte Seite (248)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 22 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten