- 220 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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Rassengesetze. Hindemith dagegen war mehr der entartete Künstler, dessen Musik offensichtlich der Staat fürchten mußte.

S.: Wir sind nicht für Hindemith auf die Barrikaden gegangen, und das mag im nachhinein doch ein Vorwurf sein. An mich selbst wurde 1934 die Frage gerichtet, ob ich bereit sei, mit zu emigrieren. Man wollte in Schweden eine Schule gründen. Ich habe mir damals gesagt, daß für mich die Emigration nicht eigentlich aktuell sei. Erstens war ich kein Verfolgter des Staates, zweitens fühlte ich mich in meiner Arbeit völlig ungestört. Das Bekenntnis, und auch meines, zur modernen Kunst war keinesfalls ungetrübt. Man war als Mitglied des Musikheims sehr im Zweifel, ob die künstlerischen neuen Wege die richtigen seien.

W.: Wie endete ihre Zugehörigkeit zum Musikheim Frankfurt/O.?

S.: Das Hauptmotiv war, daß ich mich mit Götsch auseinandergelebt hatte. - Es war wohl so, daß man bei ihm Gefolgsmann sein konnte, daß aber eine echte Partnerschaft, wie ich sie verstehe, nicht zustande kommen konnte. Dazu kam eine Fülle von Mißverständnissen.

Ich habe mich mit verschiedenen Bewerbungen ab 1938 weggewandt. Wieder spielte Herbert Just eine Rolle, der mich zunächst zu einer Tagung nach Danzig empfahl. Auf dieser Tagung traf ich dann mit Hugo Soschnik zusammen, der eine Landesmusikschule gründen wollte. Ich bekam zunächst eine Stelle als Musiklehrer an der Oberschule und am Gymnasium Konradinum in Danzig, während der bisherige Musiklehrer, Walter Karp, schon für die Gründung der beabsichtigten Landesmusikschule freigestellt wurde. Am 1. April 1939 sind wir dort hingezogen und am 1. September oder 2. September hörte ich die ersten Schüsse der "Schleswig Holstein" von meiner Wohnung aus und erlebte den Beginn des Kampfes an der Westernplatte mit. Meine Familie war wegen der brenzligen Lage nach Trier gereist. Ich sah dann, aus dem Haus tretend, wie ein Lastwagen vor einem in der Nähe liegenden Haus vorfuhr und wie dort Juden abtransportiert wurden. Als ich zuguckte, wurde ich angeschrien wegzugehen und bedroht: "Wo haben Sie denn Ihr Parteiabzeichen?" Die Gründung der Landesmusikschule fand in den Kriegsjahren statt und nannte sich dann Gaumusikschule. Der Leiter Soschnik hat immer versucht, mich für eine Stellung dort frei zu bekommen, was aber nie gelang. Ich bin


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