- 202 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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Menschen teilgenommen und das Verhalten dieser teilnehmenden Menschen änderte sich im Vollzug des Singens.

Es gibt einen Bericht über dieses Singen, in dem beschrieben wird, wie die Gruppen verschiedenster politischer Couleur, vom Kommunisten bis zum ganz rechts Stehenden mit Fähnchen dorthin zogen und sich in der Gemeinsamkeit dieses offenen Singens trafen und fanden.

W.: Ein solcher Bericht weist darauf hin, daß es in der Vorstellung, genauer in der Vorstellung des Autors, den Gedanken einer Volksgemeinschaft gab.

S.: Diese Gedankengänge waren in der Zeit der zwanziger Jahre zweifellos vorhanden. Die Möglichkeit, in einer solchen Volksgemeinschaft zu leben, nachdem die dynastischen Verhältnisse 1918 gewichen waren, gab es mindestens bei all denen, die in der Laienarbeit und der Bildungsarbeit tätig waren. Man arbeitete unter dem Gesichtspunkt, an einer Idee der Volksgemeinschaft mitwirken zu können.

W.: Wann und in welchen Zusammenhängen ist Ihnen eigentlich Jöde in Berlin begegnet?

S.: Es ist geradezu originell, daß mir sowohl Götsch als auch Jöde im Rahmen der Berliner Hochschule für Musik begegnet sind. Jöde gab in der Berliner Musikhochschule seine offenen Singstunden. In einer dieser offenen Singstunden hatte er mit einem Instrumentalkreis zusammengewirkt, an dessen erstem Pult z. B. Lothar von Knorr saß. Knorr war Lehrer der Volksmusikschule in Neukölln.

Zu diesem Singen war eingeladen worden, und es kamen natürlich die Kreise, die mit der Jugendmusikbewegung zusammenhingen. Aber es kam auch eine Reihe von Studenten, nicht zuletzt Studenten der Akademie für Kirchenmusik und Schulgesang, an der ja Jöde lehrend tätig war. Und wenn ich es recht erinnere, nahmen auch Leo Kestenberg und Georg Schünemann an diesem Singen teil. Diese Veranstaltung war eine einmalige Unternehmung. Es ist mir ein unvergeßlicher Eindruck, wie Jöde ein Lied einsang. Das sind ja Dinge, die sich dann später ähnlich wiederholten. Mir ist erinnerlich, wie er das Lied "Alleweil ein wenig lustig" in seiner innendynamischen Bewegung durch die "singende Hand" verdeutlichte und in Bewegung brachte. Jöde hat den Begriff "singende Hand" eingeführt. Gemeint ist damit der Versuch, den Vorgang der Musik im Auf und Ab, in der rhythmischen Feinheit mit der Hand mitzuzeichnen. Die


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