- 192 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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"Viele Begriffe aus dem Gebrauch der Musikbewegung werden in Zusammenhänge (des Nationalsozialismus) gebracht, die letztlich hier eine Zukunft meinen, nämlich die kriegerische Auseinandersetzung. Volkstumskampf, völkisch, Führer, Gefolgschaft, Volkwerdung, Volksgemeinschaft, Volksschicksal, Volksordnung, Volksbrauchtum, Volksgut. Nicht die Sinnfülle, in der diese Worte in der JMB vor 1933 gebraucht wurden, wird ausgebreitet, sondern sie werden sofort umgewertet in den Gesamtbegriff Volkstumspropaganda oder Volkstumsideologie. Wenn die vorgenannten Begriffe von den Nationalsozialisten gebraucht werden, treten sie immer nivelliert auf in der Anwendung auf Massenregie, in der Zielsetzung auf Machtherrschaft und Eroberung. Jede noch so strikte Beweisführung über die Identität von Merkmalen der Musikbewegung und ihr Aufgehen im faschistischen Staat geht am Wesen der Sache vorbei, wenn die Begriffe nicht unter wechselnden Vorzeichen gesehen, gedacht und erläutert werden. Soweit ich selber an der JMB partizipiert habe - im Landerziehungsheim, im Musikheim, in der Begegnung mit Fritz Jöde - ist mir eine Erwartung auf den NS-Staat nicht bekannt geworden. Es trat 1933 die Situation ein, sich zu orientieren, sich zurechtzufinden, bei der neuen Obrigkeit von vorn anzufangen. Daraus ergaben sich Gruppierungen, wie Aktivisten, Mitläufer, Emigranten, Widerstandskämpfer und ermordete KZ-Häftlinge. Nicht zuletzt entstand jene Schizophrenie 'Ja' und 'Nein' von Gewissenskonflikten, die sich in ihrem Krankheitsbild kaum diagnostizieren läßt. Die Jahre des Nationalsozialismus führten bei vielen zur Flucht in das 'innere Reich' oder zum 'Trotzdem': Ja, nein und trotzdem."

Mit der JMB befaßt sich Johannes Piersig in seiner Schrift "Das Fortschrittsproblem in der Musik um die Jahrhundertwende" Kap. III,2 7 . Seine Zusammenfassung gibt einen wesentlichen Erkenntnisbeitrag in dem gegenwärtigen Bemühen, der JMB gerecht zu werden. Aus ihr seien als Abschluß einige Absätze mitgeteilt, "um im Gespräch zu bleiben":
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