Was gehört zum Wesen der JMB? Otto Haase las einstmals in den fünfziger Jahren einem Kreis von Pädagogen das Manuskript seines Buches "Musisches Leben" 4 vor. Er setzte darin zwei Begriffe: das Elementare und das Zyklische. Elementar meint ja wohl "auf den Grund gehen", Boden gewinnen für Wahrheiten und Erfaßtwerden von der unmittelbaren Gewalt der Elemente unter Zurücklassung alles Zivilisatorischen. Mit "zyklisch" verbinden sich m. E. nicht nur künstlerische Formungsprinzipien, sondern eine Denkungsart, die dem Diskursiven konträr ist. Das scheinbar Weitschweifige in den Aufsätzen der JMB erweist sich doch oft als der Versuch, zyklisch zu verfahren, d. h. in immer neuen Ansätzen an den Kern der Sache heranzukommen. Man kann es auch als ein Umkreisen in immer neuen Gedankenringen ansehen. Die Vorstellung von einer Spirale vermag die Art der Annäherung an einen neuen Sinngehalt ebenfalls zu erläutern. Der anwesende Psychologe Oswald Croh fügte damals noch einen dritten Begriff hinzu, das "Kathartische". Die klärende, reinigende Wirkung im Umgang mit Chormusik alter Meister bewirkte ja in den Singgemeinden und Musikantengilden durchaus ein Erlebnis des Kathartischen. Das Elementare, das Zyklische, das Kathartische - geben sie nicht eine Richtung an des Denkens, Fühlens und Wollens, des Forschens und der Verwirklichung, wie es der JMB eigen war?

Wie das Vorwort besagt, wählte man für die Veröffentlichung rund 500 Dokumente aus. Diese erscheinen z. T. noch mit Auslassungen. (s. dazu die Einführung) So kann die Dokumentation nur ein Wegweiser sein. Ein Weiterforschen ermöglichen die Dokumente, sie möchten es erleichtern. Jene soziologischen Versuche aber, die in der Singbewegung eine Propädeutik für die folgende politische Ära sehen, ja, sie geradezu als Wegbereiter für die Formen der Diktatur erkennen, zu denen habe ich in meiner Besprechung 5 der Dissertation von Johannes Hodek "Musikalisch pädagogische Bewegung zwischen Demokratie und Faschismus" 6 Stellung genommen.
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