- 189 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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Anschwellen des Konzertlebens durch favorisierte Künstler, gestützt durch Schallplatte, Rundfunk und Fernsehen, wie es sich gegenwärtig ausgebreitet hat. Es gab noch keine Rundfunkaufträge für avantgardistische Komponisten. Freilich, man wagte neue Experimente, viele neue Kompositionen entstanden, und den Ertrag rechnet man mit Recht als bedeutsam den goldenen zwanziger Jahren zu. Die JMB suchte ein eigenständiges Leben mit Musik.

In einem Gespräch mit dem damals zu den Neuerern gehörenden Paul Höffer wehrte dieser sich dagegen, den Singkreisen "aufs Maul" zu schauen und für ihren Gebrauch zu komponieren. Man müßte kommen und fragen, was sie, die Komponisten, gerade schaffen. Hindemith hielt es anders. Auch Höffer schrieb später "Gebrauchsmusik". Gebrauchsmusik steht freilich im Gegensatz zum l'art pour l'art-Denken. Einstmals entstanden die großen Werke der Kirchenmusik unmittelbar für den Gebrauch im kultischen Zusammenhang unter Berücksichtigung der vorhandenen Mittel. In diesem Sinne versteht sich Gebrauchsmusik für die Musikantengilden und Singgemeinden. Die Namen der Komponisten in der Zeitschrift Pro Musica (Musikabdrucke) legen beredtes Zeugnis ab für die Ernsthaftigkeit und den Qualitätsanspruch bedarfsdeckender Musik, die nicht gleichzusetzen ist mit U-Musik.

Es ist ein eigen Ding um die Frage der Lebenshaltung sogenannter jugendbewegter Kreise aus dem Geiste der Musik. Den hohen Anspruch formulierte einst August Halm für die Musikerziehung im Landerziehungsheim Wickersdorf in Zusammenarbeit mit Gustav Wyneken. Eduard Zuckmayer gibt das Beispiel, wie ein anerkannter konzertierender Künstler sein Leben ändert, um in einer Schulgemeinde ein eigenständiges Musikleben zu entwicklen (Schule am Meer, Juist). Wilhelm Kamlah schildert seine Lebenserfahrung mit der JMB so:

Als Schüler verehrte ich, wie es sich gehört, Beethoven, lernte seine Symphonien kennen, indem ich als Pastorensohn Gelegenheit hatte, sie mit unserem Kantor vierhändig zu spielen. Nachdem ich zum ersten Male eine dieser Symphonien - es war die IV. - in einem Orchesterkonzert gehört hatte, hängte ich Beethoven über mein Bett. Einige Jahre später, als


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