- 128 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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An diesem Beispiel ist exemplarisch das Verfahren der Rhythmisch-musikalischen Erziehung erläutert. Die Rhythmisch-musikalische Erziehung begnügte sich jahrzehntelang musikalisch mit plätschernder Akkordik am Klavier. Nun steht statt dessen musikalische Substanz. An den Kunstformen von der Vergangenheit bis zur Gegenwart werden Schritt und Gangart, Metrik und Rhythmik, Motiv und Thema, formale Gliederung, dynamischer Verlauf, Ausdrucksgehalt und Gestik, Ein- und Mehrstimmigkeit erfahren.

Das Persönlichwerden einer Sache (Musik)

In der Gegenwart wird weitgehend operiert mit dem Terminus: Musik als Gegenstand der Betrachtung. Die Distanz erst ermögliche die Objektivierung, die Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk. Es ist fraglich, ob Objektivierung der angemessene Ansatz für 6-12jährige ist. Mein Vorschlag geht dahin, von Zeit zu Zeit den Begriff Personifizierung zu nutzen.

Beispiel: Den Schülern werden sechs verschiedene kleine Stücke vorgespielt (oder Lieder vorgesungen). Jeder darf sich ein Stück wählen, das Stück seiner Wahl. Jeder einzelne hat zu dem gewählten Stück nolens volens ein persönliches Verhältnis. Nach einem gewissen Zeitabstand wird das Stück befragt, ja "ausgefragt", so wie man einen persönlichen Besucher befragt. "Wo kommst du her?" In der deutenden Beantwortung wird die Erwartung gespannt auf die Tatsachen, die der Lehrer dann zu geben hat. "Wie bist Du?" Eine Frage nach dem Wesen. Es folgt der Versuch einer Beschreibung. "Wen suchst Du?" Das ist zugleich eine soziologische Frage, sie zielt in die Gegenwart. So wie es Kindern leichtfällt, eine Person in Schritt und Gewese nachzuahmen und die Kleidung entsprechend anzudeuten, können sie in mimetischer Steigerung musikalische Einzelheiten nachahmen. Aus diesem Erfahrungsbereich läßt sich genug Objektives gewinnen. Das Geschichtlich-Historische kann aufgedeckt werden, die Werkmittel erkannt, das Gestalthafte beschrieben, die gesellschaftliche Rolle bestimmt werden.

Erste Erfahrungen mit dem Wort-Ton-Verhältnis

In der Grundschule kann das Wort-Ton-Verhältnis in seinen Wandlungen erstmalig beobachtet und musikerzieherisch genutzt werden.


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