- 109 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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liegt und von den anderen Stimmen umspielt wird, kommt aus der mittelalterlichen Vorstellungswelt und symbolisiert ein noch ganz um die Gottesmitte geordnetes Leben. Wir sehen, wie Bach auf die Gestaltungsmittel vergangener Zeiten zurückgreift und in einem merkwürdigen Wechselvorgang Generalbaßstück und cantus firmus Gestaltung vermischt.

Über den abschließenden Chor So nun der Geist wurde schon am Anfang gesprochen. Es sei auf den gedanklichen und empfindungsreichen Wechsel hingewiesen, der sich mit den musikalischen Mitteln in den letzten drei Stücken ereignet und ausdrückt:

1. Das Terzett der dunklen Stimmen in seinen kontrastierenden Teilen, hier schmerzliche Empfindung um das Sterben, dort gelöste musikalische Bewegung, um das Leben im Geist zu symbolisieren. Das Stück steht im 12/8 Takt.

2. Die Choralvariation Gute Nacht o Wesen, ein entrückter Abgesang im 2/4 Takt und in der Tonart gewechselt nach a-moll.

3. Der Schlußchor, in dem die Vorstellung: das Wandeln im Geist - vorherrscht, abschließend der Choralsatz Weicht ihr Trauergeister.

Die Motetten in Vergangenheit und Gegenwart

Die Bachschen Motetten gehören zu den Werken, die auch in der Zeitperiode in der Thomaskirche zu Leipzig weitergesungen wurden, als man für Bach keinen besonderen Sinn mehr hatte. Das galante Zeitalter und die Klassik waren in ihrem Gestaltungswillen weit entfernt von seiner Musik. Es gibt Berichte über die Darstellung Bachscher Motetten aus dem Jahre 1767 von Ludwig Gerber, von Johann Friedrich Rochlitz, der sie von 1782 ab mitsang, von Mozarts Enthusiasmus, als er in Leipzig "Singet dem Herrn ein neues Lied" hörte. Im Druck wurde das Motettenwerk erstmalig 1803 zugänglich gemacht. Zelters Singakademie singt es, und er berichtet darüber an Goethe. Im Strom der romantischen Musikpflege und bürgerlichen Musikkultur werden die Motetten zu Prunkstücken des a capella-Gesangs. Keine Bach-Renaissance mußte sie neu hervorholen, sondern sie sind seit ihrer Entstehung ununterbrochen weitergesungen worden bis in die Gegenwart.


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