- 101 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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Gregorianischer Choral, das alte Volkslied, Palestrinas Chorsätze - das ist Musik der Sprache.

2. Musik aus der Sprache.
Hoffmann sagt: "Geht nun Musik bei der Interpretation und Gestaltung des Textes über die menschlichen Qualitäten des Sprachleibes hinaus, erwacht somit die Musik zu eigenem Leben, das nicht ohne weiteres im Text enthalten ist, so entsteht Musik aus der Sprache. So verwirklicht sich z.B. in den Motetten von Schütz der Bedeutungszusammenhang."

3. Musik gegenüber der Sprache.
Zur Erläuterung von Hoffmanns Terminus zitieren wir erneut den in München lebenden Griechen Georgiades: "Die Verselbständigung des musikalischen Satzes der Textvorlage gegenüber erlaubt, daß die Musik Sinngehalte einfängt, die nicht in der erklingenden Sprache unmittelbar vorgebildet sind ... Nicht die Sprache soll hier zur Geltung kommen, Bach läßt sich von dem Inhalt anregen." -

Bei der nun folgenden Bemühung, die einzelnen Stücke der Motette zu erläutern, werden zur Klärung des Wort-Tonverhältnisses die Hoffmannschen drei Stufen angewandt werden.

Einzelbetrachtungen zur Motette, insbesondere über das Verhältnis
Wort und Ton

Der zugrundeliegende Choral steht im Gesangbuch unter den Psalmen, Bittund Lobgesängen für jede Zeit. Er stammt aus der Zeit des 30jährigen Krieges und hat als Textdichter Johann Franck. Die Melodie schrieb sein Freund Johann Crüger. Beide stammen aus der Niederlausitz, Franck aus Guben, Crüger aus Großbreesen bei Guben. Crüger war lange Zeit Organist in Berlin an St. Nicolai, z. Zt. Paul Gerhardts. Er gilt als der bedeutendste Melodienschöpfer der evangelischen Kirche seit Martin Luther. Im Gesangbuch finden sich für die Melodie noch zwei andere Textunterlagen aus späterer Zeit: "Schmückt das Fest mit Maien" und "Allgenugsam Wesen, das ich hab erlesen". Die Choralmelodie ist also nicht so ausschließlich mit dem "Jesu meine Freude" verbunden. Es ist eine schlichtinnige Melodie in der Gliederung: Stollen, Stollen, Abgesang, also in der Barform. Sie ist von der Neutralität des Ausdrucks, die ein Parodieverfahren zuläßt.


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