- 89 -Strack, Jan: Musikwirtschaft und Internet 
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ablaufen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von direkten und indirekten Netzeffekten. Ein direkter Netzeffekt ist folgender: Je mehr Personen MP3-Dateien verwenden und in den Tauschbörsen zur Verfügung stellen, desto mehr Wert haben sowohl die Tauschbörsen als auch das MP3-Format für die Nutzer. Dies führt dazu, dass sich weitere Nutzer für das MP3-Format entscheiden und diese ihrerseits wiederum in Tauschbörsen zur Verfügung stellen.4
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Vgl. Zerdick, Axel, Picot, Arnold u. a.: Die Internet-Ökonomie. S. 157

Indirekte Netzeffekte ergeben sich, wenn zusätzliche Produkte zu dem ursprünglichen Produkt, in diesem Fall also MP3-Dateien, entwickelt werden. Über diese Zusatzprodukte wird der Wert des ursprünglichen Produktes gesteigert und weitere Anreize für potenzielle Nutzer geschaffen, sich für MP3-Dateien zu entscheiden.5

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Vgl. Goldhammer, Klaus: Ein Blick zurück nach vorn: Die Internet-Ökonomie. Ökonomisches Handeln im Internet. In: Münker, Stefan und Roesler, Alexander (Hrsg.): Praxis Internet.. Suhrkamp Verlag. Frankfurt am Main 2002. S. 109
Erst mit der Entwicklung tragbarer MP3-Abspielgeräte sowie kompatibler CD-Player und Auto-HiFi-Anlagen konnte sich das MP3-Format vom PC emanzipieren und sich einen breiten Nutzerkreis erschließen.

Auf Grund dieser Netzeffekte ist MP3 ein Quasi-Standard-Format. Die Nutzer sind nahezu gezwungen, das MP3-Format zu verwenden, um auf ein möglichst großes Repertoire zugreifen zu können. Man spricht von einem »Lock-In« des Nutzers.6

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Vgl. ebd. S. 111
Gegen diesen »Lock-In-Effekt« müssen die Tonträgerfirmen nun ankämpfen, wenn sie eigene DRMS-geschützte Dateiformate im Internet etablieren wollen. Durch zu zögerliches Einbeziehen des Internets in den Handel mit Musik hat man den »First Mover Advantage« an illegale Anbieter bzw. Angebote vergeben.

Dieser zaudernde Umgang mit dem neuen Markt im Internet prägt die Haltung der Tonträgerindustrie bis heute. Gerade in Deutschland scheint der Internethandel mit Musik in digitalen Formaten für die Major Companies mit Ausnahme von Universal Music kein Thema zu sein. In den USA sieht die Situation anders aus, da über die Internetportale »MusicNet« und »Pressplay« das Repertoire der »Big Five« durchaus zum digitalen Download angeboten wird. Allerdings sind die Verwendungsmöglichkeiten der Musikdateien durch DRMS derart eingeschränkt und die Geschäftsbedingungen der Abonnement-Systeme zum Teil so kompliziert, dass auch hier nicht von einer echten Alternative zu den Filesharing-Angeboten gesprochen werden kann.

Das gleiche gilt für »Popfile«, dem Internetportal von Universal Music in Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom, das gleichzeitig das einzige legale Angebot von Musikdateien im Internet in Deutschland darstellt. Hier werden Songs aus dem Universal Repertoire für 0,99 Cent pro Titel angeboten. Die Preise entsprechen also, wenn man sie auf ein Album mit 12–15 Titeln umrechnet, nahezu den bisherigen CD-Preisen. Dass eine derartige Preispolitik anhand der Konkurrenz durch die »Gratis-Angebote« der Tauschbörsen nicht funktionieren kann, müsste eigentlich auch den Verantwortlichen bei Universal Music klar sein.

So entsteht der Eindruck, dass der Online-Markt, trotz anderweitiger Aussagen, eigentlich bereits aufgegeben wurde, und man durch »Pseudo-Angebote« lediglich versucht, über die eigene Lethargie hinwegzutäuschen.


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