- 90 -Strack, Jan: Musikwirtschaft und Internet 
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Auch die vorliegende Arbeit kommt zu dem Schluss, dass der Handel mit Musik in digitalen Formaten im Internet zum jetzigen Zeitpunkt kaum in ein gewinnbringendes Geschäftsmodell zu überführen ist. Die Tonträgerindustrie hat auf Grund ihrer Gebundenheit an geltendes Recht erhebliche Nachteile gegenüber den »Internetpiraten«. Diesen ist zudem aus heutiger Sicht weder mit juristischen noch mit technischen Maßnahmen beizukommen. Letztendlich kann daher kein legales Angebot mit den Tauschbörsen konkurrieren. Besonders fatal ist dies, da abzusehen ist, dass sich das Internet in immer größerem Umfang durchsetzen wird. Die Tauschbörsen werden auch in den kommenden Jahren noch einen großen Zulauf haben, und die Tonträgerindustrie muss sich auf weitere Verluste einstellen.

Insgesamt ist jedoch nicht zu erwarten, dass der traditionelle Tonträgerhandel innerhalb der nächsten Jahre komplett verschwindet. Es wird immer Menschen geben, die an physischen Tonträgern interessiert sind – und sei es nur deswegen, weil eine hundertprozentige Internetanbindung innerhalb der Bevölkerung nicht zu erwarten ist.

Außerdem ist das Phänomen Filesharing besonders an bestimmte Altersgruppen und bestimmte musikalische Repertoiresegmente gebunden. Wie Hartmut Spieseke zu Recht anmerkt, ist wohl kaum zu erwarten, dass sich ein Liebhaber klassischer Musik einzelne Sätze einer Symphonie herunterlädt. Auch gibt es nach wie vor Hörer von Popmusik, die das komplette Album eines Künstlers besitzen wollen.7

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Interview mit Dr. Hartmut Spiesecke (Pressesprecher des Bundesverbands der Phonographischen Wirtschaft e.V.) vom 22.11.2002. Das vollständige Interview befindet sich im Anhang dieser Arbeit.

Kurzfristig ist zwar zu erwarten, dass die illegalen Angebote im Internet dem physischen Tonträgermarkt weiterhin Anteile abnehmen und zugleich den Aufbau eines legalen Online-Handels behindern. Je mehr sich jedoch Musik in digitalen Datenformaten als vollwertiges Audio-Format etabliert, die Nachfrage nach solchen Formaten also nicht mehr hauptsächlich vom Kostenfaktor, sondern von einem echten Bedarf gesteuert wird, desto wahrscheinlicher wird es, dass Qualität wieder eine größere Rolle spielt.

Auf lange Frist, dies ist jedoch reine Spekulation, könnten die legalen »High-Quality-Angebote« der Tonträgerindustrie daher den Tauschbörsen, die keinerlei Qualitätsstandards garantieren können, wieder Nutzer abnehmen.

Zu diesem Zeitpunkt wird die Tonträgerindustrie wieder in eine Phase des Wachstums eintreten. Wann und ob dieser Zeitpunkt eintritt, ist jedoch nicht prognostizierbar. Die folgende Abbildung stellt diese Entwicklung skizzenhaft dar:

Phase 1 stellt die Gegenwart dar. Immer weniger Menschen sind bereit, die hohen Preise für CDs zu bezahlen, und entdecken die illegalen »Gratis-Angebote« der Tauschbörsen. Die legalen Angebote auf dem Online-Markt sind hinsichtlich des Repertoires zu eingeschränkt oder in der Handhabung zu umständlich, sodass sie ihre potenziellen Kunden an Filesharing-Services verlieren.

In Phase 2 verstärken sich diese Tendenzen durch die bereits erwähnten Netzeffekte noch. Mit der zunehmenden Durchsetzung von Musik in digitalen Formaten als vollwertiges Audio-Format steigt jedoch auch der qualitative Anspruch an die Musikdateien. Musikkonsumenten mit höherem Budget steigen daher allmählich


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