- 7 -Strack, Jan: Musikwirtschaft und Internet 
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das Gesamtprodukt, das eine gewisse, von vielen Redakteuren, der Chefredaktion, der Ausrichtung des Verlegers, definierte Identität und Qualität hat. Er hängt daher vom Erwerb dieser Zeitung ab, wenn er Wert auf die spezifischen Inhalte legt. Der Musikkonsument hingegen will einen Künstler oder eine Künstlergruppe wahrnehmen – der Tonträger selbst bzw. die dahinter stehende Industrie ist für seine Kaufentscheidung ohne Bedeutung. Auch die Musikkonsumenten werden daher, insofern die Möglichkeiten gegeben sind und nach Abwägung der Vor- und Nachteile, Angebote nutzen, die die Tonträgerindustrie umgehen.

Und tatsächlich ist es mittlerweile durch technische Fortschritte in der Digitaltechnik, der Datenkompression und der Netztechnologie nicht mehr nötig, Musik mit einem Tonträger zu verknüpfen, um ein Produkt zu erzeugen, das auf dem Markt verkauft werden kann. Es ist problemlos möglich, Musik in digitalen, nicht-physischen Formaten über das Internet zu versenden, wobei sich das MP3-Format27

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MP3 (Abkürzung für MPEG-1 Audio Layer-III) ist ein Kompressionsverfahren für digitale Audio-Daten. Die Größe der Audio-Dateien kann dabei ohne wesentliche Klangeinbußen auf bis zu ein Zwölftel reduziert werden. MPEG steht für »Moving Pictures Experts Group«, deren Komitee unter Direktion der »International Standards Organisation« (ISO) Standards zur digitalen Encodierung von Audio- und Videoformaten entwickelt.
zumindest vorläufig als Quasi-Standard durchgesetzt hat.

Dadurch drohen die traditionellen Veredelungs- und Distributionsverfahren der Tonträgerindustrie obsolet zu werden, sodass die oben erwähnte Legitimität zur Marktteilnahme zumindest in Frage gestellt werden kann und das gesamte Geschäftsmodell der Tonträgerindustrie ins Wanken gerät. Eben dieses Problem in seiner historischen Entstehung, seinen technischen, rechtlichen und auch gesellschaftlichen Bezügen bildet Grundlage und Kern der vorliegenden Arbeit.

Das klassische Geschäftsmodell der Tonträgerindustrie basiert hauptsächlich auf den Erlösen aus dem Verkauf der Tonträger. Durch geschickte Bündelung bekannter und unbekannter Titel sowie durch die in diesem Bereich besonders ausgeprägte Stückkostendegression konnten die weltweit agierenden Anbieter komfortabel existieren. Es war schon immer klar, dass ein Musiktitel durch Gebrauch nicht an Wert verliert und damit theoretisch an den nächsten Konsumenten weitergegeben werden kann (Nicht-Rivalität im Konsum). Praktisch hatte dies aber keine Konsequenzen, da die Weitergabe mit prohibitiv hohen Kosten verbunden war. Durch die oben beschriebenen Technologien ist diese Schranke nun wesentlich unbedeutender geworden. Im Extremfall reicht eine einzige verkaufte CD, um die Songs über das Internet an alle interessierten Musikkonsumenten zu verteilen.28

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Vgl. Hess, Thomas, Anding, Markus u. a.: Napster in der Videobranche? Erste Überlegungen zu Peer-To-Peer-Anwendungen für Videoinhalte. In: Schoder, Detlef, Fischbach, Kai u. a. (Hrsg.): Peer-to-Peer. Springer Verlag. Berlin, Heidelberg u. a. 2002. S. 28

Die Distribution kann dabei mittels eines durchschnittlichen Heimcomputers leicht bewältigt werden. Presswerke und große Hallen zur Lagerung der Tonträger sind nicht mehr notwendig, und der Künstler kann seine Musik theoretisch direkt an die Musikkonsumenten verkaufen.

Die Vorstellung, dass das Internet jedem Angebot einen Marktplatz verschafft und jeder Künstler dank der internationalen Netzstrukturen mit seinen schöpferischen Leistungen den gesamten Weltmarkt erreichen kann, ist vielleicht naiv. Peter Zombik sagt hierzu:


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