- 66 -Strack, Jan: Musikwirtschaft und Internet 
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für Konzerte gebucht werden. Natürlich würde ohne die Marketing-Maschinerie der Tonträgerindustrie, wie Peter Zombik im in Kapitel 1.2 schon angeführten Zitat feststellte, nicht sofort die ganze Weltöffentlichkeit den Künstler wahrnehmen. Vielleicht verlagert sich das Musikleben daher wieder mehr in einen lokalen Raum. Sollte sich ein Musiker nach dem Kochtopf-Modell dennoch in einem größeren Umfang durchsetzen, dann deshalb, weil die Hörer seiner Musik den entsprechenden Wert beimessen und nicht, weil eine Major Company der Tonträgerindustrie viele Millionen US-Dollar in Werbung investiert hat.

6.2.  Werte und Normen im Internet

Das im vorigen Kapitel beschriebene ökonomische Modell des Internets hat seine Ursprünge in den Normen und Werten bestimmter Nutzergruppen, vor allem der 1970er und 1980er Jahre, die auch mit der massenhaften Erschließung des Internets in den 1990er Jahren erhalten geblieben sind. Natürlich existieren mittlerweile kommerzielle Geschäftsmodelle im Internet, diese basieren jedoch zumeist auf Dienstleistungen oder materiellen Gütern und nicht auf Produkten geistigen Schaffens.

Es ist nicht anzunehmen, dass eine große Zahl der Nutzer von Tauschbörsen die Ziele und Ideale der im Folgenden beschriebenen Bewegungen und Gruppierungen teilt oder überhaupt kennt. Nichtsdestotrotz erhalten sie mit ihrem Handeln diese Ideale am Leben.

6.2.1.  Die Geschenkewirtschaft der Wissenschaft als prägender Vorläufer des Filesharings

Wissenschaftliche Arbeitskräfte an Universitäten werden hauptsächlich durch die Methode der Geschenkewirtschaft sozialisiert, d. h. sie stellen ihre Forschungsergebnisse den anderen Wissenschaftlern zur freien Verfügung, um auf nichtmonetäre Weise davon zu profitieren.9

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Der Begriff »Geschenkewirtschaft« entstammt dem Aufsatz von Barbrook, Richard: Cyberkommunismus. Wie die Amerikaner den Kapitalismus im Cyberspace aufheben. In: Maresch, Rudolf und Rötzer, Florian (Hrsg.): Cyberhypes. Möglichkeiten und Grenzen des Internet. Suhrkamp Verlag. Frankfurt am Main 2001. S. 76–101. Obwohl diese Praxis ohne Zweifel die Ausprägung des Internet bzw. ARPAnet in seiner spezifischen Form geprägt hat, kann sie nicht generell auf die Arbeitsweisen von Wissenschaftlern angewendet werden. Sobald wissenschaftliche Erkenntnisse marktfähig sind, also eine verkäufliche Idee hervorrufen, sind Patentanmeldungen oder Firmengründungen neben der akademischen Laufbahn durchaus üblich.

»Vom Staat oder durch private Spenden finanziert, sind Wissenschaftler nicht gezwungen, ihre intellektuelle Arbeit direkt in marktgängige Waren umzusetzen. Statt dessen machen sie ihre Forschungsergebnisse durch Vorträge auf Fachkonferenzen und Aufsätze in Fachzeitschriften öffentlich bekannt. Dadurch, dass sie zitiert werden, verschaffen sie sich persönliche Anerkennung, die ihre Karriereaussichten innerhalb des Hochschulsystems verbessert.«10

10
Barbrook, Richard: Cyberkommunismus. S. 85


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