- 58 -Strack, Jan: Musikwirtschaft und Internet 
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5.5.  Tauschbörsen und »Rational Choice«

Bei näherer Betrachtung der Filesharing-Netzwerke und ihrer Teilnehmer stellt sich die Frage, wie erstere aus soziologischer Sicht funktionieren können. Nach der »Rational-Choice-Theorie« wäre zu erwarten, dass die einzelnen Teilnehmer lediglich MP3-Dateien herunterladen, jedoch nicht selbst an der Wertschöpfung teilnehmen, indem sie MP3-Dateien in das Netzwerk einspeisen.

»Die RC-Theorie (Theorie des rationalen Handelns) geht in ihrer allgemeinsten Form davon aus, dass Individuen rationale Akteure sind, die zwischen ihnen zur Verfügung stehenden und von ihnen wahrgenommenen Handlungsalternativen diejenige auswählen, die mit dem höchsten subjektiv erwarteten Nutzen verknüpft ist«31

31
Haug, Sonja und Weber, Karsten: Kaufen, Tauschen, Teilen. S. 25

Gesteht man dem einzelnen Teilnehmer eines Filesharing-Netzwerkes die Eigenschaften eines »Homo oeconomicus« zu, was auf Grund seiner weiter oben beschriebenen Rolle als Wertschöpfer durchaus gerechtfertigt scheint, so ist davon auszugehen, dass er als Produzent bzw. Anbieter beabsichtigt, seinen Aufwand zu minimieren. Als Konsument hingegen ist er bestrebt, seinen Nutzen zu optimieren.32

32
Vgl. Artikel »Handlungstheorie«. In: Lexikon der Geographie. Spektrum Verlag. Heidelberg 2001. http://www.xipolis.de [Stand: 10.03.2003]
Demnach wäre zu folgern, dass der einzelne Teilnehmer eines Filesharing-Netzwerkes keine MP3-Dateien in das Netzwerk einspeist, sondern lediglich an den Dateien der anderen teilhaben möchte. Dies würde in letzter Konsequenz dazu führen, dass niemand MP3-Dateien zur Verfügung stellt und das Netzwerk nicht funktionieren kann.

Filesharing-Netzwerke weisen somit Charakteristiken eines sozialen Dilemmas auf, da ein »Trittbrettfahrerproblem« existiert. Es gibt den Anreiz, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, Güter (MP3-Dateien) anzunehmen, ohne eine Gegenleistung zu erbringen.33

33
Vgl. Haug, Sonja und Weber, Karsten: Kaufen, Tauschen, Teilen. S. 37

»Am Beispiel von Napster kann gesehen werden, dass ein Kooperationsproblem besteht. Jeder Teilnehmer hofft, dass einer der anderen Teilnehmer auf Anfragen antwortet und bereit ist, die gewünschten Dateien freizugeben. Antworten auf Suchanfragen und einseitiges Nehmen erfolgt bei dieser Tauschbörse, ohne dass eine Gegengabe erforderlich ist.«34

34
Vgl. ebd. S. 38

Das Trittbrettfahrerproblem kann am Beispiel der Tauschbörse »Gnutella« sehr gut analysiert werden. Bei der Überwachung von 34902 Tauschvorgängen in einem 24-Stunden-Zeitraum stellte sich heraus, dass 50 Prozent aller Anfragen von den gleichen Personen (ca. 1 Prozent der Teilnehmer) beantwortet werden. Fast 90 Prozent der Teilnehmer antworten auf keine Anfrage nach einem Musikstück.35

35
Vgl. ebd. S. 60
Diese Werte sind natürlich zu hinterfragen, denn es kann nicht festgestellt werden, ob die 90 Prozent, die nicht antworten, die nachgefragten Titel wirklich nicht freigeben wollen oder ob sie diese gar nicht besitzen. Es wird jedoch deutlich, dass
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