- 4 -Strack, Jan: Musikwirtschaft und Internet 
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Die Privatkopie wird mit der Erfindung des Tonbandes möglich; mit der Einführung der CD-Recordable (CD-R) und dem CD-Brenner wird dieses Problem eine exponentielle Steigerung erfahren, um schließlich in Verbindung mit dem Internet einen ungeahnten Höhepunkt zu erreichen. Den Hintergründen und Auswirkungen dieser Entwicklung sowie der dahinter stehenden Technik gilt ein Hauptinteresse der vorliegenden Arbeit.

Für den weiteren Zusammenhang ist es aufschlussreich, einmal die Position der Tonträgerindustrie im wirtschaftlichen Prozess der Vermarktung des Produktes »Tonträger« genauer zu betrachten. Als Hersteller des Tonträgers nimmt sie eine quasi-monopolistische Schlüsselposition zwischen Musikschaffenden und Musikkonsumenten ein, die es ihr zugesteht, beide Seiten zu kontrollieren. Dabei versuche die Tonträgerindustrie aber keineswegs, sich des kreativen oder des rezeptiven Vorgangs und somit des Musik vermittelnden kulturellen Prozesses zu bemächtigen, so Peter Wicke. Statt von den vorhandenen Musikbedürfnissen auszugehen und dafür nach dem geeigneten musikalischen Repertoire zu suchen, gehe die Tonträgerindustrie genau umgekehrt vor: Der zu einer Tonträgerproduktion führende Prozess beginne mit der Selektion eines zur industriellen Verwertung geeigneten Repertoires aus in der Regel bereits vorhandener Musik. Für solch ein Repertoire werde dann, so kontrolliert wie möglich, ein Publikum aufgebaut, statt dieses als gegeben vorauszusetzen. Nur so sei der komplexe Prozess der Tonträgervermarktung operationalisierbar zu machen. Die Wachstumsgeschwindigkeit hinsichtlich der Hörerschaft eines Musikstückes, ausgedrückt in der realen Nachfrage nach dem Tonträger, sei eine messbare Größe, auf deren Grundlage sich kalkulierte und kontrollierbare administrative Entscheidungen fällen ließen.15

15
Vgl. Wicke, Peter: Musikindustrie. Sp. 1359f

Die Kernkompetenzen der Tonträgerindustrie sind demnach das Marketing, also die strategische Festlegung des Operationsfeldes auf dem Markt, sowie die Entwicklung einer darauf bezogenen Absatz- und Vertriebspolitik und die Platzierung des Produktes auf dem Markt, insbesondere durch Kooperation mit den Medien Hörfunk und Fernsehen sowie direkt durch Werbung.16

16
Vgl. ebd. Sp. 1360

Die Musikschaffenden profitieren von diesen Strukturen, da die Tonträgerindustrie beträchtliche Summen in den Aufbau ihrer Künstler investiert. Allerdings herrscht auf Grund der Vielzahl der Musikschaffenden ein permanentes Überangebot an potenziell verwertbarem Repertoire. Aus Sicht der Tonträgerindustrie konkurrieren die Musiker um mögliche Vertragsbeziehungen, so dass in Hinblick auf die Produktion eine große Umstellungsflexibilität von einem Musiker zum anderen besteht. Der Preis unbekannter Musiker ist daher niedrig und ihre Verhandlungsposition schlecht. Bekannte Musiker sind dagegen ökonomisch betrachtet knapp und ihr Preis ist wegen ihrer Qualität als Markenartikel hoch.17

17
Vgl. Kulle, Jürgen: Ökonomie der Musikindustrie. S. 122f

Musikkonsumenten interessiert in der Regel nicht, bei welcher Tonträgerfirma ein Künstler unter Vertrag ist. Ihre Suche nach einem Tonträger richtet sich auf Grund der erwähnten Qualität des Künstlers als Markenartikel direkt nach dem Künstlernamen. Die Tonträger werden dabei ausschließlich als Produkt kreativen Schaffens des Künstlers wahrgenommen, wohingegen der Anteil der Tonträgerindustrie am


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