- 104 -Strack, Jan: Musikwirtschaft und Internet 
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werden. Dadurch rückt das musikalische Gesamtwerk in den Hintergrund. Man produziert also nicht mehr eine ganze CD, sondern vielleicht ein bis zwei Titel, die dann Hits werden sollen. Dies findet ja heutzutage schon statt, indem jeder Mensch, der mit was auch immer einen gewissen Bekanntheitsgrad in den Medien erlangt hat, versucht, eine Single zu veröffentlichen. Ich möchte hier z. B.an Slatko und die anderen Pseudo-Stars aus dem Big-Brother-Container erinnern. Ich vermute, dass sich die Plattenfirmen damit noch tiefer in Schwierigkeiten bringen, da zum einen zwar relativ schnell und ohne großen Aufwand Geld verdient werden kann, zum anderen Musik aber immer mehr eine trendorientierte Massenware wird, deren musikalischer Hintergrund kaum noch interessiert. Wenn sich diese Einstellung etabliert hat, ist es kein Wunder, dass keiner mehr bereit ist, dafür zu bezahlen, und sich die Songs bei KaZaA umsonst herunterlädt.
H. S.: Ich sehe das nicht, und ich denke auch nicht, dass das so ist. Ich denke, dass dies für einen bestimmten Bereich des Repertoires gilt, den unsere Branche produziert, und daran kann ich auch nichts Schlechtes finden. Persönlich habe ich auch eine Meinung zu Slatko, aber glücklicherweise müssen ja nicht alle Leute in Deutschland meinen Geschmack haben. Es gibt Bereiche, in denen das ganz anders ist und ewig anders bleiben wird. Ich kann mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, dass es besonders erfolgreich sein wird, einzelne Sätze einer Beethoven-Symphonie zum Download anzubieten, aus tausend Gründen. Da wird es immer mal wieder eine Ausnahme geben, und es gibt bestimmt einen potenziellen Kundenkreis, der sich aus der ganzen Sommernachtstraum-Schauspielmusik von Mendelssohn nur den Hochzeitsmarsch herunterlädt, aber ansonsten gibt es, und da bin ich sicher, in allen Repertoirebereichen beides. Es gibt natürlich Leute, die kaufen sich alle Beethoven-Symphonien, und die kaufen sie auch auf Tonträger. Und die kaufen sie künftig übrigens auch auf DVD-Audio oder SACD und nicht mehr auf CD, weil sie zuhause eine Anlage für zehntausend Euro haben. Denen ist es vollkommen egal, ob der Tonträger fünfzehn oder fünfundzwanzig Euro kostet, die wollen Musik in der bestmöglichen Qualität hören, die sie bekommen können. Denen ist das wichtig, sie nehmen sich dafür zwei Stunden Zeit, machen ihr Zimmer dunkel und setzen sich einen Kopfhörer auf oder was auch immer. Und dann gibt es Leute, die sind sechzehn und brauchen eigentlich nur Musik zum Nebenbeidudeln, während sie auf dem Domplatz inlinern, und denen ist die Qualität völlig egal. Die brauchen ein Abspielmedium, das möglichst klein ist, damit es nicht stört, und auf das trotzdem möglichst viel passt. Für die ist ein MP3-Player in der Größe eines Kugelschreibers genau das richtige, es könnte auch noch kleiner sein. Dann gibt es noch Leute, denen reicht das ganze im CD-Format, dann gibt es noch Vinyl-Freunde, die glauben, dass die einzig wahre Art, Musik zu hören, die von den schwarzen Scheiben sei, und das ist auch in Ordnung. Und dann gibt es Programmierer, die arbeiten jeden Tag zwölf Stunden im Büro an der Entwicklung irgendwelcher Software oder von Computerspielen, die möchten gerne im Hintergrund etwas hören – und wir haben für jeden etwas und in jedem Repertoirebereich etwas. An dem Verkaufserfolg, den Herbert Grönemeyer mit seinem letzten Album hatte, sieht man, dass es Millionen

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