kommunizierten Wissensstandards und kann fraglos insgesamt auch recht kurz
bemessen sein, wenn Kommunikation nur in andere Richtungen geht, neue
Anschlüsse tätigt, alte beschließt oder marginal nur noch aufrechterhält. Was
heute noch ewig scheint, kann morgen schon verworfen und alsbald vergessen
sein.
Wiederentdeckungen in den Künsten stellen ein beredtes Zeichen für die Kurzlebigkeit
oder auch Geburt von Ewigkeitswerten in Werken dar. Bach und Händel – auf
Dauer vergessen – mussten erst wiederentdeckt werden, bevor ihre Musik die
Würdigung fand, die sie heute hat. Das Interessante daran ist: »›Künstlerischen
Wiederentdeckungen‹ gehen [. . . ] negative Urteile und Maßnahmen voraus, die man als
antikonservatorisch nennen könnte. Derartige Abwertungen sind im allgemeinen weniger
erforscht als die Rehabilitierungen« (Gamboni 1998: 328). Duchamp hat die
Relativität von Wertschätzungen – recht rüde allerdings – einmal mit den Worten
umschrieben: »[E]s gibt kein äußeres Merkmal, das erklärt, warum ein Fra Angelico
und ein Leonardo gleichermaßen ›anerkannt‹ sind. Alles geschieht aus reinem
Zufall. Künstler, die zu Lebzeiten wussten, wie sie ihrem Schund Wertschätzung
verschaffen konnten, waren sicher gute Handlungsreisende, nichts garantiert aber die
Unsterblichkeit ihres Werkes. Und selbst die Nachwelt ist eine reine Hure, die sich dem
einen entzieht, den anderen wieder zu Ehren kommen lässt (El Greco), und
sich die Freiheit nimmt, ihre Meinung alle fünfzig Jahre wieder zu ändern«
(Duchamp, zitiert nach Gamboni 1998 325). Wenn wir einmal die drastischen
Klassifizierungen außen vor lassen, bleibt sodann eine Aussage bestehen, die eine gewisse
Plausibilität in sich trägt und der schwierig zu widersprechen ist. Denn auch was
heute alles an Gründen angeführt werden mag, was ein Werk zum zeitlosen
erklärt, mag zu anderen Zeiten prinzipiell als vollkommen gegenstandslos erachtet
werden bzw. zu einer gegenteiligen Meinung führen. Bach und Händel haben
zu ihrer Zeit »Gebrauchsmusik« geschrieben, nicht für die Ewigkeit, sondern
für den andächtigen oder erlebnisträchtigen Moment. Eine Etikettierung des
Zeitlosen ist ihnen nachgerade erst verliehen und aufgedrückt worden. Der
unsichere Kantonist Kommunikation hat so seine Meinung im Verlaufe der Zeit
geändert.
Dass darüber hinaus das Charisma einer Persönlichkeit oder der persönliche
Machtwillen und das Darstellungsvermögen zuweilen künstlerische Wertschätzungen und
kommunikative Prozesse maßgeblich mitbedingt haben und Diskurse weiter
mitbedingen, indem Aufmerksamkeit erregt wird und andere aus dem öffentlichen
Diskurs ausgegrenzt werden, ist keineswegs die Seltenheit, manchmal sogar die
Regel.5
Das gilt im Übrigen nicht nur im Bereich der Kunst, sondern gleichsam dort, wo eigentlich
allein die von der Ratio bestimmte Sache im Zentrum stehen sollte: im wissenschaftlichen
Diskurs. Neue Sichtweisen setzen sich im Wissenschaftsdiskurs zuweilen weniger durch
Einsicht durch, sondern, »wie Max Planck einmal resignierend festgestellt hat, durch das
Aussterben der älteren Generation« (Gloy 1995: 277). Karen Gloy stellt mit Bezug auf Kuhn
heraus, dass die Wissenschaftsgeschichte nicht allein von rationalen Argumenten bestimmt ist,
sondern nicht unwesentlich von »Überredung, Propaganda, Konkurrenzkampf, religiöse[m]
Eifer, Tod, Absterben« (ebd.) usf. Und Vittorio Hösle formuliert zwar vorsichtiger, doch
ebenso unmissverständlich: »Ferner ist nicht auszuschließen, daß ein Teil des Erfolgs
der modernen Wissenschaften auf Machtstrukturen bei ihrer Organisation zurückgeht –
Machtstrukturen, die alternative Denkweisen ausschließen« (Hösle 1999: 8).
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Mit anderen Worten bleibt das verliehene Etikett von Wert als solchem und
Ewigkeit darüber hinaus – bei allem analytischen Begründen – den herrschenden