lauschen, so wenig gibt es klassische Musik, sondern allein
Beobachter, die so und nicht anders unterscheiden und klassifizieren.
In einem nächsten Schritt wird dokumentiert, dass gerade so genannte »klassische«
Werke ganz entscheidend auf dem Nicht-Sein beruhen bzw. der Absenz bedürfen,
um überhaupt »sein« zu können und ewiglich zu scheinen. Paradox formuliert: Ihre
prinzipielle Abwesenheit garantiert ihre Gegenwart.
Das konkrete Klangereignis als nur unvollkommener Ausdruck eines rein geistigen
Ideals wird über den Umweg des phänomenologischen Ansatzes diskutiert
und relativiert, indem erörtert wird, auf welchen Prämissen Vorstellungen von
Idealwerken beruhen. Diese wiederum werden auf ihre Plausibilität hinterfragt.
Fragen wir also danach, wie ein Verständnis zum »Werk an sich« sich entwirft,
etabliert und immer wieder zu bestätigen weiß, sodass zuletzt die Selbstgewissheit
waltet.
2.6. Kommunikationsereignis Werk
»Musik, das sind mehreres bedeutende Töne, Klänge«
(Wolfgang Rihm 1979: 29).
Thomas A. Troge beschreibt unser westeuropäisch geprägtes kulturelles Denken in dem
genannten Artikel zum Internet wie folgt: »In unserem abendländisch-westlichen Denken
hat sich die Vorstellung des ›Werks‹ immer stärker hin zu einer von seinem ›Grunde‹
losgelösten ›Figur‹ entwickelt, ›ewige Werte‹ wie z.B. eine Beethovensymphonie
scheinen uns losgelöst von allem Bezug, selbst vom Bezug zu ihrem Schöpfer, Gültigkeit
zu haben« (Troge 2000: 18). Ausgerichtet an einem zeitlosen Ideal ist das in sich selbst
ruhende Werk und es kann infolgedessen teilhaben an der Ewigkeit. Was ist das
zeitlose Ideal anderes als das unvergänglich »Echte«, das Seiende und zuletzt das
die Wahrheit Spiegelnde? Vor dem Hintergrund der zu Beginn dieser Arbeit
aufgespannten Leitdifferenz »echt/unecht« wird der Wert von Werken – das darin
verortete Echte – als reiner Reflexionswert erachtet, dem nur in Relation zum
Unechten Relevanz zukommt, sodass ausgestellte Echtheitszertifikate allein in
Stellung zu Signifikanten Wert signalisieren und das Werte Signalisierende als
Fälschung entlarvt ist. Somit ist eine Polarität aufgespannt zwischen dem zeitlosen
»Werk an sich« und dem zeitlich limitierten »zeitlosen Werk«, das nur solange
»existiert«, wie die Kommunikation es aufrecht erhält. Die Versöhnung mit der
Polarität ist angestrebt, die die Polarität nicht aufhebt, sondern in der das
widerstreitend Polare als das ganz Normale gesehen wird. Deutlich sollte dabei
werden, das unterstellte Zeitlosigkeit prinzipiell nur durch Zeitlichkeit konstituiert
ist.
Die Grundthese, die der Wesensschau von Werken gegenübergestellt wird, lautet: Ein
Werk ist kein Werk, sondern eine lose Kopplung von basalen Elementen. Das eine
(Werk) wie andere (Wert) gibt es nur als kommunikatives Ereignis, aber an sich nicht.
Aus welchen Dingen und Undingen auch immer ein transzendent