- 36 -Schläbitz, Norbert: Mit System ins Durcheinander  
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lauschen, so wenig gibt es klassische Musik, sondern allein Beobachter, die so und nicht anders unterscheiden und klassifizieren.
  • In einem nächsten Schritt wird dokumentiert, dass gerade so genannte »klassische« Werke ganz entscheidend auf dem Nicht-Sein beruhen bzw. der Absenz bedürfen, um überhaupt »sein« zu können und ewiglich zu scheinen. Paradox formuliert: Ihre prinzipielle Abwesenheit garantiert ihre Gegenwart.
  • Das konkrete Klangereignis als nur unvollkommener Ausdruck eines rein geistigen Ideals wird über den Umweg des phänomenologischen Ansatzes diskutiert und relativiert, indem erörtert wird, auf welchen Prämissen Vorstellungen von Idealwerken beruhen. Diese wiederum werden auf ihre Plausibilität hinterfragt.
  • Fragen wir also danach, wie ein Verständnis zum »Werk an sich« sich entwirft, etabliert und immer wieder zu bestätigen weiß, sodass zuletzt die Selbstgewissheit waltet.

    2.6.  Kommunikationsereignis Werk

    »Musik, das sind mehreres bedeutende Töne, Klänge«
    (Wolfgang Rihm 1979: 29).

    Thomas A. Troge beschreibt unser westeuropäisch geprägtes kulturelles Denken in dem genannten Artikel zum Internet wie folgt: »In unserem abendländisch-westlichen Denken hat sich die Vorstellung des ›Werks‹ immer stärker hin zu einer von seinem ›Grunde‹ losgelösten ›Figur‹ entwickelt, ›ewige Werte‹ wie z.B. eine Beethovensymphonie scheinen uns losgelöst von allem Bezug, selbst vom Bezug zu ihrem Schöpfer, Gültigkeit zu haben« (Troge 2000: 18). Ausgerichtet an einem zeitlosen Ideal ist das in sich selbst ruhende Werk und es kann infolgedessen teilhaben an der Ewigkeit. Was ist das zeitlose Ideal anderes als das unvergänglich »Echte«, das Seiende und zuletzt das die Wahrheit Spiegelnde? Vor dem Hintergrund der zu Beginn dieser Arbeit aufgespannten Leitdifferenz »echt/unecht« wird der Wert von Werken – das darin verortete Echte – als reiner Reflexionswert erachtet, dem nur in Relation zum Unechten Relevanz zukommt, sodass ausgestellte Echtheitszertifikate allein in Stellung zu Signifikanten Wert signalisieren und das Werte Signalisierende als Fälschung entlarvt ist. Somit ist eine Polarität aufgespannt zwischen dem zeitlosen »Werk an sich« und dem zeitlich limitierten »zeitlosen Werk«, das nur solange »existiert«, wie die Kommunikation es aufrecht erhält. Die Versöhnung mit der Polarität ist angestrebt, die die Polarität nicht aufhebt, sondern in der das widerstreitend Polare als das ganz Normale gesehen wird. Deutlich sollte dabei werden, das unterstellte Zeitlosigkeit prinzipiell nur durch Zeitlichkeit konstituiert ist.

    Die Grundthese, die der Wesensschau von Werken gegenübergestellt wird, lautet: Ein Werk ist kein Werk, sondern eine lose Kopplung von basalen Elementen. Das eine (Werk) wie andere (Wert) gibt es nur als kommunikatives Ereignis, aber an sich nicht. Aus welchen Dingen und Undingen auch immer ein transzendent


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