- 30 -Schläbitz, Norbert: Mit System ins Durcheinander  
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Will man das Menschendasein ergründen, erforscht man seitdem das Medium, das Menschwerdung bedingt. Sprachphilosophie in ihrem weiteren Fortgang hat diesen Ansatz verallgemeinert, sodass Sprachmedien wie Schrift, Buch und auch andere gesellschaftsbestimmende Medien für ähnlich bedeutend für die Bewusstwerdung von Menschen erachtet wurden. Mit anderen Worten vernachlässigt der Gedanke vom neutralen Werkzeug, das seinen Dienst ganz im Sinne des Anwenders leistet, wesentliche wissenschaftliche Grundüberzeugungen, denen man nicht sicher folgen muss, doch die kritische Auseinandersetzung verdienten, wenn man argumentiert: Ein gedankenreicher Einfall sucht sich so ein Neutralität bekundendes Material, in dem er sich ausdrückt, und an anderer Stelle kann das informierte Material dann entnommen und in Anspruch genommen werden. In weiterer Konsequenz ist dann auch zu folgern: Gedankenreiche, originäre Geistesbotschaften sind ganz im klassischen Sinne auch auf einen Schöpfergeist zurückzurechnen, dessen im Werk geronnener Geist von anderen dann zu entschlüsseln ist. Genau besehen, operiert eine solche von technischen Aspekten Abstand nehmende Annahme und Argumentation aber in einem hohen Maße selber technisch, denn implizit oder explizit wird dabei ein Kommunikationsmodell vorausgesetzt, das das menschliche Moment prinzipiell ausklammert und statt dessen auf ein standardisiert maschinelles – also eher nichtmenschliches – abhebt. Warum das so ist, liegt nahe: Kommunikation wird danach betrachtet als ein zwischen mindestens zwei Teilnehmern statthabender Vorgang, bei dem Informationen zwischen einem Sender und einem Empfänger mithilfe eines Codes über einen Kanal verlustfrei übermittelt werden könnten. Das hier dargelegte Modell spiegelt die Grundkomponenten des Urmodells der Informationstheorie nach Shannon/Weaver.



Dieses Modell übte in den 60er, 70er Jahren des 20. Jahrhunderts erheblichen Einfluss auf all jene Wissenschaftsbereiche aus, »die sich in irgendeiner Form mit Kommunikations- oder Informationsvorgängen beschäftigten. [. . . ] Bei der Informationstheorie ging es ursprünglich aber nicht um zwischenmenschliche Kommunikation, sondern um rein technische Problemstellungen. Es ging um Telegraphie, oder allgemeiner, die technische Nachrichtenübertragung« (Lenke/Lutz/Sprenger 1995: 19). Ziel war es, Informationen durch entsprechende Codierung möglichst resistent gegenüber Störungen zu machen. Bei der Übertragung des Modells auf andere Wissenschaftsbereiche verlor sich der technische Aspekt, und das Modell sowie der daran gekoppelte Informationsbegriff wurden weitgehend unhinterfragt


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