- 24 -Schläbitz, Norbert: Mit System ins Durcheinander  
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (23)Nächste Seite (25) Letzte Seite (437)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Auch ist die Summe von Computern wiederum Medium im Sinne Luhmanns, das fester gekoppelt bspw. die Form Internet unterhält. Hardware und lose gekoppelte Ereignismenge unterscheiden sich somit nicht grundsätzlich und so auch nicht McLuhan und Luhmann. (Schon dieses eine kleine Beispiel veranschaulicht, dass es eine Frage des Beobachtungsstandpunktes ist, wie im Rahmen einer Unterscheidung bezeichnet wird.)

Darüber hinaus wäre fraglos noch näher auf den jeweiligen Medienbegriff einzugehen und zu prüfen wie zu diskutieren. Für die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist dies aber nicht von großer Relevanz. Es braucht uns daher nicht zu kümmern, ganz im Sinne von Luhmann, der in anderen Zusammenhängen und Problemlagen, wo man vertiefend hätte forschen müssen, zugunsten des zentralen Themas in solchen Fällen gerne sinngemäß sagte: ›Es besteht wesentlicher Forschungsbedarf‹ und dann fortfuhr: ›– Wir gehen darüber hinweg.‹

Innerhalb des Buches wird auch im Zusammenhang mit konkreten Praxisbeispielen nicht apodiktisch theorieimmanent verfahren, sondern es wird »mit« den dargestellten Theorien gearbeitet. Ein wesentlicher Unterschied ist mit dem Wechsel der Präposition zu verorten. Sofern nicht »in« einer präferierten Theorieschule verblieben wird, sondern »mit« der Theorie gearbeitet wird, vermögen auch andere Theorien einzufließen und miteinander verbunden zu werden. Der Vorteil eines solchen Vorgehens liegt dabei klar auf der Hand. Die Möglichkeit zum Perspektivwechsel (oder systemtheoretisch formuliert: zum »crossing« und Bezeichnen der anderen Seite der Unterscheidung) ist leichter gegeben – zumindest nicht ausgeschlossen – und im Gefolge theoriegeleiteter geänderter Blickwechsel mögen die jeweiligen Ergebnisse sich gegenseitig stützen, ergänzen, möglicherweise aber auch widersprechen, sodass im »Widerspruch« der Ansatz zur Neuformulierung liegen mag. Wo graduell sich widersprechende Theorienschulen herangezogen werden, ist die Gefahr zur Dogmatisierung respektive Ideologisierung einer einzelnen und darin privilegierten Theorie wenn auch nicht völlig ausgeschlossen, so aber immerhin gemindert. Die Gefahr Theorie, »als Unveränderliches der geschichtlichen Bewegung entgegenzusetzen«, wovor schon Adorno/Horkheimer (1987: 13, zitiert nach Kaesler 1999: 52) warnten, erscheint minimiert. Zudem würde es auch sonderbar anmuten, im Rahmen eines differenztheoretischen Ansatzes im Grunde eine Identitätslogik zu vertreten, indem theoretische Überlegungen eines einzelnen Ansatzes absolut gesetzt würden.2

2
Luhmann beansprucht im Übrigen für die Systemtheorie, trotz des von ihm konstatierten Universalitätsanspruches, keine Priorität vor anderen Theorien und verficht auch keinen absoluten Wahrheitsanspruch zu anderen bzw. keine »Widerspiegelung der kompletten Realität des Gegenstandes«, »[w]ohl aber: Universalität der Gegenstandserfassung in dem Sinne, daß sie als soziologische Theorie alles Soziale behandelt« (Luhmann 41993: 9) und damit auch sich selbst. Damit wird Theorie, indem sie nicht ausgrenzt, selbstreflexiv und anfechtbar, da die eigenen axiomatischen Setzungen nicht als unhintergehbar betrachtet werden, sondern als aus dem Blickwinkel der Theorie entworfen betrachtet werden, die mit den Mitteln der Theorie untersucht und bestätigt werden. Eine absolute Idee oder beobachtungsunabhängiger Standpunkt mit Wahrheitsanspruch existiert nicht bzw. wird nicht vertreten. »Theorien mit Universalitätsanspruch sind also selbstreferentielle Theorien. Sie lernen an ihren Gegenständen immer auch etwas über sich selbst. [. . . ] Universale Theorie betrachtet ihre Gegenstände und sich selbst als einen ihrer Gegenstände als selbstreferentielle Verhältnisse« (ebd.: 9f.).

Erste Seite (i) Vorherige Seite (23)Nächste Seite (25) Letzte Seite (437)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 24 -Schläbitz, Norbert: Mit System ins Durcheinander