- 23 -Schläbitz, Norbert: Mit System ins Durcheinander  
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (22)Nächste Seite (24) Letzte Seite (437)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

2.  Spurenreiche lose Kopplungen: Von Derrida über Luhmann bis . . .

»Die Unterscheidung in Werke und mediale Kopien ist
im medienästhetischen Diskurs wenig hilfreich, da Kopien
sowohl in entsprechenden situativen Kontexten wie auch in
der kompositorischen Methodik ähnliche Funktionen erfüllen wie
Werke. Auch der Ansatz der Rezeptionsästhetik, Werke unter den
Bedingungen ihrer – auch medialen Rezeption zu betrachten, reicht
nicht weit genug, wenn das Werk im Prozess der Mediennutzung
verschwindet, bzw. die Kopie den Status des Originals erhält. Erst
eine konstruktivistische Sicht verspricht Abhilfe: Dabei sind die in
der Mediennutzung erzeugten ästhetischen Konstruktionen genauso
Wahrnehmungsrealitäten wie die vermeintlich ontologische Realität
der Originale«

(Rolf Großmann).1
1
Rolf Großmann: Medienwerk und Konsumobjekt. Thesen zu einer Ästhetik der medialen Existenz von Musik. In: http://audio.uni-lueneburg.de/index.htm?/texte/medwerk/medwerk.htm

Wenngleich nicht eine umfassende Einführung in die diese Arbeit begleitenden Theorien geplant und keine Diskussion um den jeweiligen Stand der theoretischen Diskussion gewollt ist, so soll dieses Kapitel doch der verkürzten Theoriegrundierung, dargelegt am Problemfeld Musik und Stimme, dienen. Die Ausführungen sind dabei im Rahmen des Poststrukturalismus (Systemtheorie nach Luhmann, Dekonstruktivismus nach Derrida) angesiedelt. Darüber hinaus ist die Medientheorie nach McLuhan zur Plausibilisierung von Gesagtem angesprochen. In Falle der poststrukturalistischen Theorielagen handelt es sich also um so genannte Differenztheorien. Umrahmt sind die Untersuchungen zum Internet desgleichen fraglos auch von dem Theoriedesign anderer Differenztheoretiker (Lyotard, Foucault, Deleuze, Lacan . . . u.a.). Eine Klarstellung ist an dieser Stelle vonnöten: Systemtheorie und Medientheorie widersprechen sich – bei aller Gemeinsamkeit – auch in ganz zentralen Aussagen. Und zwar ist der Medienbegriff unterschiedlich aufgefasst. Bei McLuhan ist ein Medium eine Hardwarekomponente (Manuskript, Buch, Radio, Fernsehen . . . etc.), bei Luhmann dagegen eine lose gekoppelte Menge, die zu festeren Formen sich verbinden kann und für sich wieder Medium darstellen kann (im Medium Luft kann sich die Form unartikulierbarer Laut bilden, das Medium »unartikulierter Laut« vermag fester gekoppelt als Form »wiedererkennbarer Laut« und fixiert dann als Buchstabe erscheinen, das Medium Buchstabe zur Form Wort, das Medium Wort zur Form Satz gekoppelt werden . . . usf.). Insofern sind McLuhan und Luhmann unvereinbar. Was zuletzt aber lose gekoppeltes Medium ist, ist schlicht Definitionssache und nicht absolut. Der Computer ist so einerseits zwar Hardware und Medium im Sinne McLuhans, andererseits aber auch von seiner Idee als universale Maschine und in seinem Processing lose gekoppelte Ereignismenge von diskreten Elementen und so zugleich Medium im Sinne Luhmann, das in der festeren Kopplung dann nicht absolut zu setzende Formbildungen impliziert.


Erste Seite (i) Vorherige Seite (22)Nächste Seite (24) Letzte Seite (437)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 23 -Schläbitz, Norbert: Mit System ins Durcheinander