- 19 -Schläbitz, Norbert: Mit System ins Durcheinander  
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (18)Nächste Seite (20) Letzte Seite (437)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Das Buch versucht im Ganzen auf unterschiedlichen Feldern sowohl die Musikkommunikation als auch entsprechende Sozialisationstendenzen im Medium Internet zu untersuchen. Bevor nun nach den längeren einleitenden Worten (vielleicht endlich) darauf eingegangen wird, worum genau es in den folgenden Kapiteln geht, soll zu dem bislang schon Ausgeschlossenen Weiteres herausgestellt werden, was nicht dargestellt wird. Dieses Buch gründet in unterschiedlichen Theorien (maßgeblich sind dies die Systemtheorie nach Luhmann, der Dekonstruktivismus nach Derrida, die Medientheorie nach McLuhan), es wird trotzdem darauf verzichtet eine theorienimmanente Einführung in die genannten Hypothesengebäude zu geben. Zur Medientheorie und zur Systemtheorie habe ich dies am anderen Ort (vgl. Schläbitz 1997) in wesentlichen Teilen geleistet. Den Stand bspw. der medientheoretischen Diskussion habe ich dort hergeleitet, einen erneuten Stand der Diskussion festzuhalten wäre sicherlich interessant, dem galt aber nicht das Forschungsinteresse dieser Arbeit und unterblieb darzulegen infolgedessen. Statt dessen wird dort, wo die inhaltliche Diskussion um bestimmte musikalische oder gesellschaftliche Phänomene dies nahe legt, Theoriewürdiges ausführlich dargelegt und grundlegend erörtert. So wird der Dekonstruktivismus hinreichend und dominant im Zusammenhang mit der Musik im Kapitel: »Spurenreiche lose Kopplungen: Von Derrida über Luhmann bis ...« dargelegt. Der Vorteil eines solchen Vorgehens zeigt sich darin, dass Abstraktion und Konkretion besser aufeinander bezogen werden können. Gelegentlich bei diesem Vorgehen auftretende Redundanzen werden dabei nicht nur hingenommen, sondern begrüßt, da die Einzelkapitel modularen Charakter erhalten und auch losgelöst vom Ganzen gelesen werden können.

Worum geht es aber nun in den einzelnen Kapiteln? Diese Arbeit verfährt in einem ganz wesentlichen Maße dekonstruktiv. Das heißt, dass generell Abschied genommen wird von einem ontologischen Beweggrund, um den Gedankenwelten kreisen. Statt dessen wird die Ansicht einer flexiblen, vernetzten und zeichenhaften Struktur gepflegt, die variabel bleibt und dabei verweisungsreiche Kerngedanken pflegt, ohne auf wesentliche Kerne mit Identitätsprofil zu stoßen. Infolgedessen wird praktisch in jedem Kapitel für sich und an bestimmten Problemstellungen das ontologische Fundament auf seine Relevanz diskutiert: Wer bspw. Überzeitliches in der Musik in welcher Erscheinungsform auch immer konstatiert, rekurriert auf ein transzendentes Ideal. Das mag es vielleicht sogar geben (wer will das schon wissen), aber solange das »Ding an sich« der Erfahrung und dem Intellekt unzugänglich bleiben, ist eine Diskussion darum mehr mit religiösen Motiven unterfüttert denn wesentlich wissenschaftlich geführt, da das konstatierte Überzeitliche, an das (bislang) nicht heranzukommen ist, eine axiomatische Setzung ist, an die schlicht zu glauben ist. Und dass das in Klammern gesetzte »bislang« alsbald ausgeklammert werden kann, darf – wenn an die Bemühungen der Vergangenheit und an den Stand gegenwärtiger Erkenntnistheorien gedacht wird – zumindest begründet bezweifelt werden: »[A]uch zweitausendjähriges Nachdenken über den Wesenskern, der als allem zugrundeliegend gedacht war bzw. ist, hat uns diesem keinen Schritt näher gebracht« (Gripp-Hagelstange 2000: 8). Es zeigt sich wohl darin ein legitimes Glaubensbekenntnis, bietet darüber hinaus aber eher eine Psychoanalyse des Selbst. »Wie du das Wort ›Gott‹ verwendest, zeigt nicht, wen Du meinst – sondern, was Du meinst« (Wittgenstein 1984: 521, Hervorhebung im zweiten Fall durch N.S.).


Erste Seite (i) Vorherige Seite (18)Nächste Seite (20) Letzte Seite (437)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 19 -Schläbitz, Norbert: Mit System ins Durcheinander