eines Schreibstromes, der die
Kontingenz zum Inhalt machte. Kafkas Schreiben suchte diese Differenz von Leid und
Lust in ihrem Bedenken auszuhalten, indem die Lösung in der Negation – als
Leerstelle – im Signifikantenstrom präsent liegt. Dabei ist die je gefundene
Lösung sich ihrer »Verschiebung« (vgl. Derrida
1990), wie Derrida es nennt, nur
gewiss.
Das Prinzip Notwendigkeit und die daraus abgeleitete Indifferenz sind keine Lösung,
weil sie die Differenz nur zu verdrängen, aber nicht aufzulösen in der Lage sind. So hat
Mensch im Rahmen einer der Freiheit sich versagenden gelebten Notwendigkeit sich zu
entscheiden. Es ist so der wie bei Kafka immer wiederkehrende Aufbruch anzuschreiben,
wobei – wie mit jedem Aufbruch – der ungewisse Ausgang mitgesetzt ist, der kontingent
voranschreitet, also Möglichkeiten bietet und die der Modalität: Notwendigkeit
vorzieht. »Ich befahl mein Pferd aus dem Stall zu holen. Der Diener verstand
mich nicht. ›Wohin reitest du, Herr?‹ ›Ich weiß es nicht‹, sagte ich, ›nur weg
von hier, nur weg von hier. Immerfort weg von hier, nur so kann ich mein Ziel
erreichen.‹ ›Du kennst also dein Ziel?‹ fragte er. ›Ja‹, antwortete ich, ›ich
sagte es doch: ›Weg-von-hier‹, das ist mein Ziel.‹« (Kafka 2001: 235). Kurz:
Freiheit ist gerade nicht die Einsicht in die Notwendigkeit, sondern im Gegenteil
dokumentiert darin nur das »An-der-Thür-stehn« und »Warten-müssen« (Nietzsche
21988b: 281), wie Nietzsche so treffend im anderen Zusammenhange es sagte. In
Kafkas Parabel Vor dem Gesetz (vgl. Kafka 2001: 209f.), in der ein Mann um
Einlass in das Gesetz bittet, diesen aber zeitlebens von einem Türhüter versagt
bekommt, finden wir diese Problematik wieder. Sie kann als Paradebeispiel für die
so unterschiedlichen Lebenskonzepte Notwendigkeit vs. Kontingenz dienen.
Mann, Türhüter und Gesetz in der Parabel sind im Prinzip eins. Das allein
mit Notwendigkeit gelebte Leben ist ohne jeglichen Eigensinn. Wo dieser fehlt
und der Gehorsam lebenslang – auch in wesentlichen Lebensfragen, die eigene
Entscheidungen eigentlich abnötigten – dominiert, ist im Dulden das eigene Leben in
der fatalen Indifferenz schließlich verwelkt und rückblickend als ungelebtes
durchschaut oder dasselbe verdrängt. Der Eigensinn dagegen ist gleichzusetzen
mit dem Gesetz und nur zu finden, indem der Zweifel in die eigene Fähigkeit
durch das Vertrauen in das eigene Selbst ersetzt ist. So steht der Weg zum
Gesetz, nach dem jeder strebt, wie es in der Parabel von Kafka heißt, »jedem
offen« : Man muß sich nur trauen in das Gesetz einzutreten, indem man auch
dafür einzutreten bereit ist, was für »frau« gleichermaßen gilt. Das sinnerfüllte
Leben, das sich frei entfaltet, kann erlangt werden, sofern nur der im Türhüter
Gestalt gewordene Zweifel überwunden wird und das vormals kritiklos mit
Notwendigkeit gelebte Leben zu hinterfragen ist. Die alleinige Einsicht in die
Notwendigkeit dagegen ist der Türhüter, der der Freiheit mit Kontingenzaussicht
vorsteht.
Dem bereitwilligen, auf den ersten Blick lebenserleichternden Folgen des Prinzips
der Notwendigkeit gefährdet heutzutage Gehorsamwillige, die in einer global
vernetzten Gesellschaft ihren zu früheren Zeiten von anderen vorbereiteten Gang mit
Notwendigkeit auf einmal und unvermutet in Sackgassen enden sehen. Wie
spricht die Maus in Kafkas Kleiner Fabel: »›[U]nd dort im Winkel steht die
Falle, in die ich laufe.‹ – ›Du musst nur die Laufrichtung ändern‹, sagte die
Katze und fraß sie« (Kafka 2001: 225). Die Sackgasse war nicht vorgesehen und
verdeutlicht im »zu spät« die Einsicht, dass der Idee Notwendigkeit ein Pharmakon
innewohnt, das die