schaften offeriert und
würde allein ein quantitatives, fraglos ausgewogeneres Mehr an Information dargeboten.
Das Problem bei solchen »Bildungsbüchern« ist – sofern sie auch als solche
autoritativ auftreten – folgendes: Wissen erhält hier eher Denkmalscharakter,
und nicht der Interessezeigende steht im Zentrum, sondern die Denkmalspflege
großer Geister. Das wiederum ist es, was dem Bildungsgedanken widerspricht.
Als gebildet gilt bei Schwanitz, wer reproduzieren, Wissen abrufen kann. Der
Zweck ist nicht nachgefragt. Doch Bildung beginnt erst dort sich zu zeigen,
wo Denkmäler wanken, indem sie auf die Gegenwart bezogen gebraucht, ggf.
auch verbraucht werden. Bei einem Bildungsbuch, wie dem von Schwanitz,
lugt der – so scheint es mir – unantastbare Geniekult und verehrungswürdige
Olymp des Wissens aus jeder Zeile hervor. So werden Normen der Vergangenheit
geboten, ohne dass auf deren temporär bedingte Verknüpfungsrelevanz hingewiesen
wird. Mit einer solchen Haltung wird Bildung eher verhindert, denn gefördert.
Bildung stellt sich erst da ein, wo die Kombination aus gewusster Information zur
Konstruktion unbekannter verführt und befähigt, sodass das genormte Stückgut aus der
Vergangenheit ein gut Stück verbogen und selektiv an die Gegenwart angepasst
wird. Der Olymp erhält wieder Bodenhaftung, das Genie menschliche Züge, wo
Wissenspartikel im Gebrauch lebendig gehalten werden und nicht nur die rituelle
Deklamation des einmal zur Norm Erhobenen im Zentrum steht. Ohne die
Berücksichtigung der Konstruktion bleiben Informationen isoliert und bieten totes
Wissen, erst mit ihrer Berücksichtigung stellt sich ein Mehrwert ein: Bildung und
neues Wissen. Bildung so verstanden stellt ins Zentrum das »Kombiniere« und
damit die Reflexion, ein verorteter Bildungskanon verhindert dieselbe eher,
weil andere offensichtlich schon zureichend nachgedacht haben und der eigene
Gedanke nicht mehr notwendig scheint. »Normen nobilitieren Lernunwilligkeit.
Sie befreien das selektive Verhalten vom Zwang zur Anpassung – man muß
nicht lernen! Werte sind so beliebt, weil sie das Begründungsunbedürftige sind.
Werte sind
inviolate levels und damit Stoppregeln der Reflexion« (Bolz
2001:
139).
Das Buch »Bildung« ist deshalb beispielhaft angeführt worden, nicht weil es wirklich
schlecht wäre, nicht informativ oder nicht lesenswert, der Autor dieser Zeilen fühlte sich
gut unterhalten, sondern weil es so prägnant die Unzulänglichkeit verdeutlicht,
»Bildung« auf feste Größen reduzieren zu wollen. Bildung ist mehr ein fließender
Zusammenstand und kein Kanon oder ein statisches Etwas, das in ein Buch
gefasst oder »gegossen« werden könnte, wie dies suggeriert wird. »Das Modell
Schwanitz sah Bildung als eine verbindliche Sozialkompetenz vor in Gestalt eines
gemeinsamen Wissenskanons, den alle teilen müssen, die sich erfolgreich in der
Gesellschaft bewegen wollen. Für dieses höfisch-höfliche Modell von Bildung als
Allgemeinbildung scheint gegenwärtig wenig zu sprechen, denn es setzt eine in der
Gesellschaft verankerte einheitliche Konversationskultur voraus, für die es im Zuge
einer immer stärkeren Ausdifferenzierung der künstlerischen, historischen und
technisch-naturwissenschaftlichen Wissenskulturen wenig Anzeichen gibt« (Assmann
2001: 57). Der Kanon, den man einst zu haben glaubte, machte nach Assmann,
ausgehend von dem Bildungsbegriff der höfischen Konversationskultur des 16. bis 18.
Jahrhunderts, bis ins 20. Jahrhundert hinein bzw. in der hier beispielhaft diskutierten
Dorfgemeinschaft traditioneller Provenienz noch seinen guten Sinn. Die Verinnerlichung
desselben in der globalen Gemeinschaft trägt