- 12 -Schläbitz, Norbert: Mit System ins Durcheinander  
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Kenntnissen, ausgesucht von einer professoralen Autorität, dann zurück und hat doch nur unzureichend und wenig von dem (kennen oder gar auswendig) gelernt, was im Augenblick die Welt bewegt. Schon bei dem, was man alles wissen muss und von Schwanitz präsentiert wird, wird manches ausgeklammert, worin andere Bildungsträchtiges sehen und was andere wieder in irgendeiner Form so berücksichtigt hätten. »Bei Schwanitz kommen die Naturwissenschaften überhaupt nicht vor«, so Ulrich Greiner in einer Rezension zu dem Buch aus dem Jahre 1999 in der Wochenschrift Die Zeit. Nicht von ungefähr folgte alsbald von Ernst Peter Fischer das mittlerweile auch die xte. Auflage bestreitende Buch »Die andere Bildung. Was man von den Naturwissenschaften wissen sollte«, in dem er sich über die »bezeichnende Ahnungslosigkeit« (Fischer 62002: 11) beklagt, die der Autor von »Bildung« auf naturwissenschaftlichem Gebiet zeigt, denn auf einigen wenigen Seiten finden sich in »Bildung« dann doch – wie Fischer darlegt – fragwürdig dargelegte Hinweise zu »Einstein & Co«. Wie auch immer: Die Ausklammerung der Naturwissenschaft begründet Schwanitz mit folgender Ansicht: »Naturwissenschaftliche Erkenntnisse müssen zwar nicht versteckt werden, aber zur Bildung gehören sie nicht« (Schwanitz 1999: 482). Schwanitz hat also selektiert und für sich entschieden, was er berücksichtigt haben möchte und was nicht. Das ist dem Autor mit seinem Tantiemen bringenden Bestseller nicht anzulasten, denn anders als selektiv ist Wissen gar nicht zu erfassen. Wer etwas wissen will, selektiert, das heißt: er schließt aus. Der Kontext entscheidet über den Ausschluss und das, was förderlich ist. Eine prinzipielle Vorentscheidung ist dabei nicht getroffen.

Das macht sich bei Schwanitz gerade auch im Umgang mit der Musik fest. Bei dem, was man alles über die Musik wissen muss, zeigt nämlich auch der Autor des Bildungsbuches Schwächen, was sich aber – wir kommen noch darauf zurück – ausdrücklich nicht auf die magere Abhandlung über Musik bezieht. »[D]as meiste zu dem Kapitel über Musik [. . . ] hat« [Andreas Dedring; Anm. N.S.] beigetragen (Schwanitz 1999: 539), was doch wundern sollte, da Schwanitz dieses Wissen für einen gebildeten Menschen als ein »Muss« voraussetzt. Wer also über dieses »Muss« hinreichend verfügte, bräuchte auch keinen externen Zulieferer, der dieses Wissen erst zusammenträgt. Ist Schwanitz also nicht hinreichend gebildet, wenn andere für ihn Informationen zusammentragen, die er dann schriftstellerisch verwertet, also bloß umschreibt, um sie in eine ihm gemäße Form zu bringen? Nur, wenn man dem Titel des Buches Glauben schenkte, aber nicht wenn man mit dem Begriff Bildung etwas differenzierter umgeht. Hier hat ein Geisteswissenschaftler und Spezialist für englische Literaturgeschichte seinen Bildungshorizont präsentiert, aber – und das ist wesentlich – eben nicht Bildung. Daran ist zuweilen immer wieder zu erinnern, wo jemand idealistisch mit Bildungsbegriffen operiert und diese zur Vermittlung Dritten angetragen werden. Es fragt sich also, ob das, was präsentiert wird, das ist, was man – wie der Untertitel des Buches es werbestrategisch geschickt suggeriert – wissen muss, um in der Welt zu bestehen. Das Präsentierte mag nützlich sein in manchen Bereichen und völlig überflüssig, ja unzulänglich in anderen Bereichen, wo man anderes wissen sollte. Und Schwanitz selber bietet das beste Beispiel hierfür: Seine Profession und sein Spezialistentum bedürfen nicht des unbedingten Musikspezialistentums. Es mag vielleicht hier und da nützlich sein, wäre das Spezialistentum in beiden Fachrichtungen ausgeprägt, aber in der Regel ist der


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