- 1 -Schläbitz, Norbert: Mit System ins Durcheinander  
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1.  Kennen Sie [g@oe:de]?

»Postmoderne, so könnte man sagen, ist Moderne ohne Illusionen
(die Kehrseite dessen lautet, die Moderne ist eine Postmoderne,
die ihre eigene Wahrheit nicht akzeptieren will). Die besagten
Illusionen laufen auf den Glauben hinaus, dieses ›Durcheinander‹
der menschlichen Welt sei nur von temporärer und reparabler Art
und würde früher oder später durch die geordnete und systematische
Herrschaft der Vernunft ersetzt werden. Die maßgebliche Wahrheit
ist, daß dies vertrackte Durcheinander erhalten bleibt, was immer
wir tun oder wissen; daß die kleinen Ordnungen und ›Systeme‹, die
wir herausmeißeln, bröcklig, vorläufig und genauso beliebig und am
Ende so kontingent sind wie ihre Alternativen«

(Zygmunt Bauman 1995: 55).

»Tochter: Pappi, sind diese Gespräche ernst?/ Vater: Sicher sind
sie das./ T: Sie sind nicht so eine Art Spiel, das du mit mir
spielst?/ V: Gott bewahre ..., aber sie sind so eine Art Spiel,
das wir zusammen spielen./ T: Dann meinst du es nicht ernst!
[...]/ V: Aber es ist ernst. [...] T: Aber es ist nicht vernünftig,
Pappi. Es ist ein schreckliches Durcheinander. / V: Ja – ein
Durcheinander – aber irgendwie gibt es doch Sinn. [...]/ V: [...]
wenn wir die ganze Zeit beide logisch sprechen würden, würden wir
nie zu was kommen. [...] Wenn wir nicht in ein Durcheinander
gerieten, wären unsere Gespräche wie Rommée spielen, ohne vorher
die Karten zu mischen. [...]/ T: Pappi, haben unsere Gespräche
Regeln? [...]/V: Ja. [...] Ich glaube schon, daß wir eine Art Regeln
haben./ [...] T: [...] Aber Pappi, veränderst du die Regeln auch?
Manchmal?/ V: [...] Ja, Töchterlein, ich verändere sie andauernd.
Nicht alle, aber einige./ [...] Der Punkt ist, daß der Zweck dieser
Gespräche darin besteht, die ›Regeln‹ zu diskutieren. Es ist wie
das Leben – ein Spiel, dessen Zweck darin besteht, die Regeln
herauszufinden, wobei sich die Regeln andauernd verändern und
immer unentdeckbar bleiben«

(Gregory Bateson41992: 45–52).

Musikkommunikation und Sozialisationsprozesse von nicht nur Jugendlichen im Zeitalter Neuer Medien – und prominent – des Internets will die vorliegende Arbeit thematisieren. Wer über Musik, ästhetische Prozesse (sowie ökonomische Interessen) und über Selbstfindungsprozesse (und zugleich ethische Konsequenzen) zu schreiben beabsichtigt, kommt nicht umhin, das Internet als Medium zu untersuchen, um sodann aus dem Untersuchten Rückschlüsse für das eigentliche Untersuchungsgebiet zu ziehen. Die Musik ganz allgemein und die die Gesellschaft bestimmenden Leitmedien spielen für Jugendliche bei Individuationsprozessen eine ganz zentrale Rolle, sodass die Musik im Internet und das Medium Internet im Verbund nicht von ungefähr als »Technologie des Selbst« betrachtet werden dürfen und der Untersuchung bedürfen, auch deshalb, weil ein Gros heute produzierter Musik dem Internet gleich hypertextuell verfährt. »Das Internet gestaltet die Gemeinschaft hypertextuell. Eine Netzwerkgemeinschaft ist ein Gewebe aus links«, schreibt David Bolter, »[m]öglicherweise beginnen Individuen, die das Internet, benutzen, sich selber als hypertextuell zu empfinden – als Summe der links all der


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