Interpretationen sehr verhalten ausfallen. Sie sind den Kapiteln 3.6.1 bis 3.6.5 zu
entnehmen.
Als vorsichtiges Fazit lässt sich formulieren, dass der emotionale Gehalt der ersten vier, von einem indischen Meistermusiker dargebotenen Exzerpte von den Testpersonen entsprechend verstanden wurde, wobei das Verständnis der indischen Teilnehmergruppe differenzierter ausfiel als das der deutschen. Diese Beobachtungen decken sich mit den Profildarstellungen der Referenzstudien und könnten somit zur Widerlegung der These von Brandl und Rösing herangezogen werden. Der Charakter des fünften, vom Verfasser selbst eingespielten Exzerpts scheint von den Testteilnehmern nicht erkant worden zu sein, wobei unklar bleibt, ob das auf die musikalische Interpretation zurückzuführen ist. In Kapitel 3.8 wurde der Wiederholungsversuch vorgestellt, worin vier Probanden der deutschen Testgruppe die gleichen Exzerpte nach drei Monaten nochmals vorgespielt wurden. Den Bewertungen ist zu entnehmen, dass das musikalisch-emotionale Erleben in beiden Versuchen von ähnlicher Qualität war. Wenngleich dies als Hinweis darauf zu bewerten ist, dass ein rāga seine Wirkung relativ unabhängig von der »Tagesform« des Rezipienten zu entfalten scheint, lässt die geringe Anzahl der Teilnehmer diese Folgerung dennoch nicht zu. Die Nichtinterpretierbarkeit der Faktorladungen und Bedeutungsdimensionen generiert zwei interessante Überlegungen.
Sollte dies den Tatsachen entsprechen, so müssten die einzigen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die zum interkulturellen Verständnis nordindischer Kunstmusik vorliegen, revidiert werden. Der als Ausgangspunkt dienenden These der beiden Musikpsychologen Brandl und Rösing stünden somit lediglich subjektive Beobachtungen und vereinzelte Aussagen von Musikern gegenüber.
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