- 71 -Schmidt, Markus: Ästhetik und Emotion in der nordindischen Kunstmusik 
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4.  Zusammenfassung

Als Ausgangspunkt dieser Arbeit diente die von den Musikpsychologen Rudolf Maria Brandl und Helmut Rösing aufgestellte These, dass ein angemessenes Verstehen fremder Musiken, keinesfalls durch spontane Einfühlung zu erreichen sei. 160

160   Vgl. Brandl und Rösing in Bruhn, Oerter und Rösing (Hrsg.), 1994, S. 58; Vgl. S. 1 f dieser Arbeit.

Demgegenüber standen die Beobachtungen des Verfassers bei Konzerten nordindischer Kunstmusik auf europäischem Boden, die Aussagen einiger indischer Musiker, die einem europäischen Publikum oftmals sogar gegenüber einem indischen den Vorzug geben und nicht zuletzt die Ergebnisse der beiden einzigen Studien zu diesem Thema. 161
161   I.e. Keil, Charles und Angeliki: Musical Meaning: A Preliminary Report. in: Nettl, Bruno (Hrsg.): Ethnomusicology. Journal of the Society for Ethnomusicology. Vol. 10. Middletown, Connecticut. 1966. S. 153–173 und
Deva, B.C. und Virmani, K.G.: Meaning of Music. An empirical study of psychological responses to Indian Music. In: Sangeet Natak. Journal of the Sangeet Natak Akademi. Vol. 10. New Delhi. 1968. S. 55–93.

Durch die Beleuchtung der ästhetischen Theorie (Kapitel 2) konnte gezeigt werden, dass Ästhetik in der nordindischen Kunstmusik auf das engste mit emotionalem Erleben verwoben ist. Damit wurde der Grundstein für die eigentliche Untersuchung gelegt, denn nur unter der Voraussetzung, dass emotionales Erleben für das Verständnis der Musik konstitutiv ist, könnte die These, dass spontane Einfühlung unweigerlich zu Missverständnissen führe, widerlegt werden.

Der kurze Abriss der ästhetischen Theorie führte außerdem zu der Erkenntnis, dass jeder ga, als zentrales Element der nordindischen Kunstmusik, einen bestimmten emotionalen Gehalt trägt, welcher, der Theorie zufolge, auf den Zuhörer übertragen wird.

Da die oben erwähnten Studien von Keil/Keil und Deva/Virmani einerseits diese Behauptung zu bestätigen schienen, andererseits aber einige methodische Differenzen aufwiesen, wurde der von ihnen durchgeführte Versuch in leicht modifizierter Form, dafür aber von vornherein interkulturell angelegt, wiederholt (Kapitel 3). Um die tatsächlich erzielten Wirkungen der fünf verwendeten Musikexzerpte mit den dahinter liegenden Intentionen bzw. dem emotionalen Gehalt vergleichen zu können, wurde die Technik des semantischen Differentials angewandt. Drei Teilergebnisse des semantischen Differentials werden benötigt, um zu aussagekräftigen Interpretationen über das musikalisch-emotionale Erleben einer Gruppe von Personen zu gelangen, die Profile (3.6), die Faktorladungen und die Bedeutungsdimensionen (3.7). Weder bei den Faktorladungen noch bei den Bedeutungsdimensionen ergaben sich sinnvoll interpretierbare Ergebnisse, weswegen sich ein Vergleich einzig auf die Profile stützen musste. Da diese jedoch nur ein ungefähres Bild des musikalisch-emotionalen Erlebens einer Gruppe von Individuen offenbaren und außerdem keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben können, mussten die


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