- 6 -Schmidt, Markus: Ästhetik und Emotion in der nordindischen Kunstmusik 
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Die Ideen der rasa-Lehre spielen noch im heutigen Musik- und Theaterleben Indiens eine große Rolle. Der Begriff »rasa« stammt aus dem Sanskrit und wird in den unterschiedlichsten Bedeutungen verwendet, wie z. B. »Saft«, »Extrakt«, »Geschmack«, »Aroma«, »Essenz« oder auch »selbst leuchtendes Bewusstsein«. 12
12   Vgl. Koch, 1995, S. 5.

In der Ästhetik wird rasa jedoch im Sinne eines persönlichen Erlebens dargestellter Emotionen gebraucht. 13
13   Vgl. Koch, 1995, S. 5.

Das Nāṭyaśāstra unterscheidet acht verschiedene ästhetische Stimmungen (rasa), die durch die Darstellung ebenso vieler, mit ihnen korrespondierender seelischer Zustände (bhāva) hervorgerufen werden. Jedem rasa werden außerdem eine Farbe, eine Gottheit und ein bis zwei Zentraltöne zugeordnet. 14
14   Vgl. Rao, 2000, S. 3 ff.

Hierzu eine Übersicht:

  1. rasa: śṛṅgāra , bedeutet: erotische Stimmung, bhāva: rati (Liebe), Farbe: grün, Schutzgottheit: Viṣṇu, Zentraltöne: Ma, Pa 15
    15   Die Tonnamen entsprechen der heute üblichen Schreib- und Abkürzungsweise.

  2. rasa: hāsya, bedeutet: heitere Stimmung, bhāva: hāsa (Fröhlichkeit), Farbe: weiß, Schutzgottheit: Pramatha, Zentraltöne: Ma, Pa
  3. rasa: karuṇā, bedeutet: mitleidige Stimmung, bhāva : śoka (Kummer), Farbe: grau, Schutzgottheit: Yama, Zentraltöne: Ga, Ni
  4. rasa: raudra, bedeutet: auf Schrecken beruhende Stimmung, bhāva : krodha (Zorn), Farbe: rot, Schutzgottheit: keine Angabe (Śiva, Anmerk. des Verf.), Zentraltöne: Sa, Re
  5. rasa: vīra, bedeutet: heroische Stimmung, bhāva: utsāha (Enthusiasmus/Energie), Farbe: orange, Schutzgottheit: Indra, Zentraltöne: Sa, Re
  6. rasa: bhayānaka, bedeutet: auf Furcht beruhende Stimmung, bhāva: bhaya (Furcht), Farbe: schwarz, Schutzgottheit: Kāla , Zentralton: Dha
  7. rasa: bībhatsa , bedeutet: auf Widerwillen beruhende Stimmung, bhāva : jugupsā (Widerwille), Farbe: blau, Schutzgottheit: Mahākāla (Śiva), Zentralton: Dha
  8. rasa: adbhuta, bedeutet: auf Wunderbarem beruhende Stimmung, bhāva: vismaya (Staunen), Farbe: blau, Schutzgottheit: Brahmā, Zentraltöne: Sa, Re 16
    16   Vgl. Rao, 2000, S. 3 ff und Koch, 1995, S. 9 ff.

Im fünften Jahrhundert trat noch ein weiterer rasa dazu, der heute als allgemein akzeptiert gilt. Der Vollständigkeit halber sei er deswegen erwähnt:

  1. rasa: śānta, bedeutet: die durch Askese hervorgerufene Stimmung, bhāva: śama (Entsagung), Farbe des Jasmins oder des Mondes, Schutzgottheit: Nārāyana, Zentraltöne: keine Angabe 17
    17   Vgl. Koch, 1995, S. 15.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, dass sich der kausale Zusammenhang von rasa und bhāva auf der einen Seite und den Zentraltönen auf der anderen Seite bis heute nicht rekonstruieren lässt. 18

18   Vgl. Koch, 1995, S. 27 f.

Eine Aussage über die damals gespielte Musik zu treffen, erweist sich als mindestens ebenso schwierig. Die

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