verstehen scheint.
Wenngleich spontane Beifallsbekundungen anders und meist stiller ausfallen als bei
Konzerten auf indischem Boden, so ähneln sich die Reaktionen doch in vielerlei Hinsicht.
Erhärtet wird dieser Verdacht durch die zahlreichen Bekundungen indischer Musiker, die
dem Verfasser im Laufe der letzten Jahre immer wieder bestätigten, dass sie
bevorzugt vor europäischem Publikum aufträten, da dieses nicht nur bestens zuhöre,
sondern auf die Musik auch intensiver reagiere als selbst so manch indischer
Hörer.
Die Suche nach Welt umspannenden, musikalischen Universalien, bezogen auf
Musikproduktion und –rezeption, mag durch die zahlreichen Forschungen der letzten 50
Jahre tatsächlich obsolet geworden sein, nicht jedoch die vergleichende Untersuchung
einzelner, relativ gut erforschter Musikkulturen. Als Beitrag hierzu versteht sich die
vorliegende Arbeit.
Weit davon entfernt, erklären zu können, wie Musikrezeption im Detail funktioniert,
ist sich die moderne Musikpsychologie doch darüber einig, dass zwei Komponenten
der Musik eine zentrale Rolle beim Verständnis spielen, die expressive und
die strukturelle. Das Verstehen von Musik, also das Entschlüsseln von Sinn
hinter den akustischen Strukturen, bedeutet demnach nichts anderes als das
Nachvollziehen des musikalischen Ausdrucks (emotional) und das Erkennen
der grammatischen Bedeutung (kognitiv). Beides ist voneinander nicht zu
trennen.
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Die nordindische Kunstmusik eignet sich zur interkulturellen Untersuchung des
musikalischen Verstehens, im Sinne spontanen, emotionalen Begreifens, aus folgenden
Gründen besonders gut:
- Als Kunstmusik ist sie, anders als beispielsweise rituelle Musik, nur in geringem
Maß an soziokulturelle Kontexte gebunden. Mit anderen Worten, die zeitlichen
und örtlichen Dimensionen der Aufführung spielen zum Verständnis der Musik
eine untergeordnete Rolle. Der zum vollständigen Begreifen von Musik notwendige,
kognitive Anteil wird dadurch zumindest reduziert.
- Die ästhetische Tradition verlangt, dass alle musikalischen Parameter (Form,
Struktur, Improvisation etc.) dem rāga,
der als Entität mit spezifischem,
emotionalen Gehalt begriffen wird, unterzuordnen sind. Die auszudrückende
Emotion diktiert somit die musikalischen Gesetze des rāga,
nach denen sich
wiederum die Interpretation zu richten hat.
- Hat man einmal ein geeignetes Messinstrument zur Bestimmung musikogener
Emotionen gefunden, lassen sich die tatsächlich erzeugten Effekte hervorragend mit
den intendierten vergleichen.
Unter den genannten Voraussetzungen und ob der Fülle an Literatur zur indischen Musik
mutet es seltsam an, dass sich zu dieser Thematik kaum Material finden lässt. Zwar existieren
vereinzelte Untersuchungen zur emotionalen Wirkung nordindischer Kunstmusik auf indische
Hörer,
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die Zahl der interkulturellen empirischen Studien reduziert sich jedoch auf eine
einzige.
Die von Charles und Angeliki Keil
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in den USA und B. Chaitanya Deva und K.G.
Virmani
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in Indien durchgeführte Untersuchung scheint jedoch mehr oder
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