- 45 -Schabbing, Bernd: Musik- und Audiotechnologien zwischen Technik, Marketing und Kundenwunsch 
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2.3.2.5 Ein neuer Träger als Gefahr für eine Verschlechterung des Repertoires?

Auch für die Repertoire-Entwicklung entwarfen die CD-Kritiker ein Angstszenario und prophezeiten eine Einengung der Auswahl unter dem Diktat der Industrie. Doch zeigt sich etwa Jungheinrichs Annahme »Marktvergrößerung auf der Basis von unendlicher Repertoireerweiterung funktioniert anscheinend nicht . . . musikalische »Bildung« ist nach wie vor rudimentär verbreitet; weitaus massenhafter ist im Industriezeitalter das Potential an technologischer Begeisterungsfähigkeit« im nachhinein als nicht in dem befürchteten Maß eingetroffen.123

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Zitiert nach Jungheinrich 1985, S. 10.
Bezüglich der vorausgesagten Verschlechterung der Repertoire-Qualität durch die Compact Disc wissen wir jetzt, dass genau das Gegenteil eingetreten ist, nämlich eine Ausdifferenzierung des Angebotes in alle Nischen, in denen noch eine einigermaßen kostendeckende Erschließung neuer Käuferschichten möglich ist.124
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Heister, 1985b.
Sonderreihen wie etwa Entartete Musik, Labels für alte und Neue Musik sowie preiswerte Produktionsfirmen wie etwa Naxos haben ebenfalls dieses Argument nachhaltig entkräftet. Ende 1986 waren bereits rund 10.000 Titel auf CD erhältlich, 1987 waren es – Pop und Klassik zusammengerechnet – bereits 17.000.125
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Hay, 1988.
Auch Heisters Annahme, die CD-Produktion verschärfe die Tendenz zur weiteren Verschlechterung der Repertoire-Qualität und grenze vor allem die Weite und Vielfalt des Programm-Angebots ein, hat sich damit als nicht zutreffend erwiesen.126
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Heister 1985b.
Heister hatte weiter gemutmaßt, die zu Beginn erforderlichen Investitionen bei Neuproduktionen müssten hier als »willkommene Ausrede zur noch extremeren gezielten Schrumpfung des Repertoires zugunsten gängiger Tagesware mit herhalten«.127
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Zitiert nach Heister 1985b.

Dabei argumentierte er noch kurz zuvor, dass nur alle Analog-Aufnahmen auf Compact Disc überspielt würden und Neuproduktionen erst gar nicht stattfinden würden. Auch seine Aussage »Die Verdreifachung der Editionen auf LP, MC und nun auch Compact Disc vergrößert das Programmangebot nicht, sondern verringert es entsprechend« baut auf der Hypothese auf, dass die Industrie nur die Bestseller, die »Erfolgstitel« noch einmal vermarkten würde, man also auf »den Hit, den raschen und großen Verkaufserfolg« setze. Auch müsse der Verbraucher – innerhalb gewisser Grenzen – nehmen, was man ihm anbiete; und für den Rest hälfen Marketing und Reklame, um den Kunden die Produktionen der Industrie schmackhaft zu machen.128

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Heister, 1985b.

Auch Heisters Einschätzung »Die Compact Disc (CD) ist ein Musterbeispiel dafür, wie sich unter den hier und heute herrschenden wirtschaftlichen und soziokulturellen Verhältnissen technischer Fortschritt entwickelt und durchsetzt – oder konkreter: hier von multinationalen Konzernen der Unterhaltungselektronik durchgesetzt wird« kann in dieser Absolutheit nicht mehr aufrecht erhalten werden. 129

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Zitiert nach Heister 1985, S. 13.

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