- 38 -Schabbing, Bernd: Musik- und Audiotechnologien zwischen Technik, Marketing und Kundenwunsch 
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gab es gegen die neue Technik auch viele grundsätzlich kritische Stimmen, die heutzutage allerdings weitgehend verstummt sind. Gegen die CD wurden viele verschiedene Aspekte ins Feld geführt, die von vermeintlich technischen (z. B., die Digitaltechnik »zerhacke« mit der digitalen Codierung die Musik) bis rein emotional-kontextualen Argumentationen reichten (der Träger sei eben nicht mit so »sinnlichen« Aspekten wie die Schallplatte ausgestattet). Weitere Kritikpunkte waren grundsätzlicher Natur bezüglich allgemeiner »Vermarktung« der Musik und der Digitaltechnik als solche (s. u.).

Dabei kann dieses Themenfeld nicht auf einer Sachebene diskutiert werden, da es in der Rückschau schlicht die gefühlsmäßige Bevorzugung eines sinnlichen Erlebnisses rund um die aufgezeichnete und wiederzugebende Musik und die Schwierigkeiten bei einer grundlegend neuen Aufnahmeästhetik dokumentiert. Gern folgt man hier der unverhärmten Polemik Christian Seilers in Bezug auf ein Loblied der Sinnlichkeit der Analog-Platte, weil er sich und seine Meinung nicht ad absolutum setzt.87

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Seiler, 1990.
Andere Kritiker dagegen nutzten die Auseinandersetzung um die CD zur grundlegenden Kritik an der Marktwirtschaft wie etwa Attila Csampai und Hans Werner Heister.88
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Csampai 1983, 1984, 1985 und Heister 1985a, 1985b.
Keute problematisierte dieses Verhältnis zwischen Kritikern und Wirtschaftsvertretern:89
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Zitiert nach Keute, 1985, S. 580.

Denn in manchen Kreisen hat von vornherein recht, wer sich anmaßt, frei um sich schlagend Kultur zu vertreten, und von vornherein unrecht, wer im Dienste eines Unternehmens dasselbe zu tun versucht.

Trotz der Emotionalität und der wenig konkreten Argumentation ist die damalige Diskussion ein wichtiger Faktor für das Erkennen und Berücksichtigen von Kundenwünschen bzw. Stimmungen und Einstellungen zu Technik. Da die CD heute als fest etabliert gelten kann, muss die vorliegende Darstellung nur noch eine bereits entschiedene Auseinandersetzung in der Retrospektive beschreiben und die wichtigsten Aspekte herausstellen, wobei im Gegensatz zum vorherigen Kapitel hier vor allem auf Fragen der ästhetischen Bewertung Bezug genommen wird. Auch war in den 1990er Jahren eine solche oft polemisch und emotional geführte Technik-Debatte wie sie bei der CD geführt wurde, nicht mehr zu erkennen gewesen. Bei Dolby-Surround etwa blieben die Kritiker, wenn überhaupt, streng am Sachthema und haben sachlich, technikimmanent und stringent argumentiert.90

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Vgl. beispielsweise die Diskussionen auf der Klassik-Komm. 1995 in Hamburg.

Nachfolgend soll die damalige Debatte insbesondere am Beispiel der Beiträge des Musikwissenschaftlers Hans Werner Heister nachgezeichnet und kommentiert werden.

2.3.2.1 Grundlegende Wirtschaftskritik

Der wirtschaftskritische Vorwurf, die gesamte CD-Einführung diene ausschließlich der Bereicherung der Herstellerindustrie und sei von den technischen Verbesserungen her überflüssig, ist eines der meistgefundenen Argumente. Jungheinrich brachte


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