- 14 -Schabbing, Bernd: Musik- und Audiotechnologien zwischen Technik, Marketing und Kundenwunsch 
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2.1.2.  »Eine Technik kommt zu früh«: analoge Träger und fehlende Akzeptanz verhindert die flächendeckende Verbreitung im Massenmarkt

Alle Speichertechniken und Systeme verband dasselbe Problempaar: Einer sehr aufwendigen Technik mit mindestens 4 (aufmoduliert 2) diskreten Kanälen stehen allein analoge Träger gegenüber, deren Technik entweder unzureichend wie bei der Schallplatte oder teuer und unpraktisch wie beim Tonband waren (um nur zwei Beispiele zu nennen). Erst die Einführung der Digitaltechnik (z. B. CD und DAT) beseitigte dieses technische Problem der Trägertechnik.

Erstaunlich bei dem Versuch der Einführung der Quadrophonie ist, dass diese Technik auf den deutschen Tonmeister-Tagungen von Beginn an nur sehr wenig Resonanz erfahren hat. Sie wurde also allem Anschein nach von der Seite der »Technologen« nicht als bahnbrechende Neuerung, sondern als technisch zu aufwendig und als zu schwer umsetzbar angesehen. Nur auf den Tonmeister-Tagungen 1972 und 1975 wurde das Thema kurz und zumeist ablehnend behandelt.7

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Podiumsgespräch über 4-Kanal-Aufnahmen bzw. Quadrophonie (vgl. Tagungsbericht im Dokumentationsband der 9. Tonmeistertagung 1972, S. 111–120), sowie grundlegend Steinke: Zur Entwicklung der Quadrofonie, 1972, S. 210–227. Hirschmann 1975, S. 30–33, Rothe 1975.
Bezeichnenderweise stammte der einzige positive Artikel von einem Vertreter der Wirtschaft (Ernst Rothe).8
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Rothe war zu der Zeit Leiter der Technischen Abteilung bei EMI-Electrola, Rothe 1975.
Gerade diejenigen also, die für die Aufnahmen verantwortlich waren, über die die Technik verbreitet werden muss, waren von Anfang an nicht von ihr überzeugt. Zwar wurde viel experimentiert, die Tonmeister handelten aber oft nur auf Anforderung des Vertriebes hin und sahen die Technik selber noch nicht als für eine Massenproduktion geeignet an. Hierzu trug auch bei, dass die Quadro-Technik noch einige Probleme der Stereophonie verschärft:9
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Siehe zu Problemen der Quadrophonie die Tonmeister-Interviews im Anhang sowie Pfleiderer 1990, Holke 1977, Jecklin 1980 und Trautmann 1975, zu Schwierigkeiten bei der Musikwiedergabe in Wohnräumen allgemein: Williges 1978, sowie allgemein zur Aufnahmeproblematik Meyer 1996.
  • Für eine »richtige« Wiedergabe von Quadro-Werken wird eigentlich ein schalltoter Raum benötigt, da ja in einer vorgegebenen akustischen Umgebung eine andere akustische Umgebung simuliert bzw. wiedergegeben werden soll.
  • Die Summenlokalisation macht für optimales Hören einen zentimetergenau festzulegenden besten Hörplatz nötig und schließt so einen freien Zugang zum Musikhören oder das Hören mit mehreren Personen aus. Dabei ist räumliches Hören nur unter idealen Bedingungen (richtige Raumausmessung, gute Lautsprecheraufstellung) möglich. Bei nicht idealen Bedingungen ergibt sich oft nur ein »oben-unten-Empfinden«, da Nachhall zwar im Raum geortet werden kann, nicht aber als räumlich orientierte Schallfelder, sondern nur als eine »Lautstärken-orientierte Hauptabstrahlrichtung«.
  • Da keine Normierung der Mikrofon- und Lautsprecheraufstellung gegeben ist und diese auch aufgrund wechselnder Aufnahme- und Wiedergaberäume wenig

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