Eberhard Sengpiel
Sengpiel arbeitete damals (wie heute) bei Teldec (Telefunken-Decca)
SchaIlplattengesellschaft im Bereich Aufnahmetechnik und zwar zu gleichen Teilen in der
Unterhaltungsmusikaufnahme auf 2 Zoll-24-Spurmagnettonbandgerät (analog/Dolby A)
und in der Klassik-Musikaufnahme auf 1 /2-Zoll-Vierspur-Magnettonbandgerat
(analog/Dolby A).
Seine Erinnerung:
Um für die Zukunft gerüstet zu sein, hat man Anfang der 70er Jahre
Quadrophonie-Aufnahmen bei klassischer Musik hergestellt. Es wurden extra für die
Quadrophonie 1 /2-Zoll-Vierspurmaschinen (38 cm/s, Dolby A) angeschafft, um von den
24-Spur-Unterhaltungsmusikaufnahmen auf das Vierspurgerät mischen zu können und
um Klassik-Musikaufnahmen direkt auf die Vierspurgerät mit vier diskreten Kanälen
aufnehmen zu können.
Ingenieure und Firmenleitung waren an der Einführung der Quadrophonie mit vier
gleichen Kanälen gleichermaßen interessiert, wobei die Quadro-Matrix-Verfahren als
nicht ausreichend erkannt wurden. Unsere Schallplattenfirma konnte abwarten und
musste sich keinem Quadro-System anschließen. Die Ingenieure wurden umworben und
konnten Versuchs-Schallplattenschnitte mit verschiedenen Codern durchführen, z. B. die
Firma CBS Columbia Broadcasting System (Columbia Records) bot uns den
SQ-Decoder von Benjamin B. Bauer in Verbindung mit Sony an. Es wurden
Versuchsplatten geschnitten, die ohne Hinweis auf Quadrophonie auf den Markt kamen,
um die Reaktion der Hörer zu testen. Es gab nie irgend welche matrixcodierte
Tonbänder, sondern nur Original-Vierspur-Aufnahmen oder Vierspurabmischungen von
24-Spuraufnahmen auf vier diskrete Kanäle.
Bei bestimmten Programmen wie z. B. einem Gottesdienst war es interessant, die
Predigt vorne zu hören, die Orgel hinten und die Gemeinde von allen Seiten. Bei der
Aufnahme eines Streichquartetts kann der zusätzliche Raum, wenn er zu stark ist,
auf die Dauer eher störend sein. Bei Quadroaufnahmesitzungen war man im
Regieraum besonders empfindlich gegenüber Störgeräuschen, die von hinten
kamen, weil man dort »keine Augen« hat. Der Aufnahme-Streß war deutlich
erhöht.
Probleme gab es beim besten Platz in der Mitte zwischen den vier Lautsprechern,
denn da wollte mindestens der Executive Producer, der Tonmeister (Musik) und der
Tonmeister (Technik) sitzen. Probleme gab es auch mit der Größe der Lautstärke der
Hinten-Signale und der einstellbaren Verzögerungszeit dieser Signale zu den
Frontsignalen. Bei den klassischen Aufnahmen wurden aus Rauschgründen erst einmal
alle Kanäle voll ausgesteuert. Die meisten Aufnahmen wurden später mit reduziertem
Raumanteil (hinten) zu üblichen Zweikanal-Stereoaufnahmen gemischt und als
Stereo-Schallplatten veröffentlicht.
Technische Probleme hatte man mit der Verteilung der Schallquellen. Es gab praktisch
nur Stereo vorne mit der maximalen Abbildungsbreite zwischen den Lautsprechern und
Stereo hinten mit kleinerer Basis, also geringer als die hintere Lautsprecherbasis.
Außerdem gab es zu beiden Seiten keine stabile Lokalisation der Phantomschallquellen,
denn je nach Kopfhaltung springt das Hörereignis nach vorne und bei geringer Änderung
der Kopfhaltung nach hinten. Ein Abmischen von »bedrohlichen« Schlägen des
Schlagzeugs oder unbekannten Geräuschen auf die