- 105 -Schabbing, Bernd: Musik- und Audiotechnologien zwischen Technik, Marketing und Kundenwunsch 
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hintere Stereoebene führte beim Abhören zu Unwohlsein (ein Relikt aus der Urzeit, denn auch im Gasthaus setzt man sich zuerst gern mit dem Rücken zu einer Wand und sucht damit Schutz und Sicherheit).

Da wir keine zwei Schallplatten veröffentlichen wollten und auch kein Händler zwei Platten mit dem gleichen Titeln vorrätig haben wollte, spielte die Kompatibilität eine große Rolle. Die Räumlichkeit, die eine Matrix-Ouadroplatte eigentlich brauchte, war für Stereophonie zu groß. Die Matrix-Coder und Decoder konnten aus der maximal 3 dB Pegeldifferenz der beiden Kanäle nicht das Klangbild in der Breite zaubern, die eine Stereoschallplatte hatte. Auch waren die notwendigen Phasendrehungen zur Erhöhung der Kanaltrennung nicht angenehm für das Hören.

Die Quadro-Schallplatte hatte Probleme, längere Spielzeiten mit genügend lautem Pegel aufzunehmen, weil der gegenphasige Tiefenschrittanteil durch die phasendrehende Codierung übermäßig hoch wurde.

Da das Verhältnis des Verkaufs von Popmusik zu Klassik etwa 95% zu 5% ist, muss jeder Kaufmann erst einmal den Schwerpunkt in der Popmusik sehen. Die Pop-Mischungen ließen sich problemlos aus den bisherigen Mehrspurbändern mischen. Darum nahm unsere Firma in dieser Zeit als einzige alle Klassikaufnahmen in diskreter Vierkanaltechnik auf. Ca. 60 originale Quadro-Aufnahmen wurden mit klassischer Musik gemacht, wobei nur sehr wenige als SQ-Matrix-Quadroschallplatten veröffentlicht wurden, aber ohne Angabe des Wortes Quadro. Von Popaufnahmen wurde keine originalen Quadro-Aufnahmen gemacht – das war nirgendwo üblich – denn alle mischten bei Bedarf von 24-Spurbändern ab. Unsere Firma hat nie Stereoaufnahmen für Quadrophonie nachbearbeiten müssen.

Die Quadro-Enwicklung wurde nicht getrennt von der Stereoaufnahme gesehen und abgerechnet, denn eine Vierkanal-Klassikaufnahme konnte problemlos zu einer herkömmlichen Stereoaufnahme gemischt werden. Dazu musste nur der Raumanteil der hinteren beiden Spuren im richtigen Verhältnis zur vorderen Stereobasis hinzugemischt werden. Dazu konnten herkömmliche Mischpulte mit zwei Stereosummen verwendet werden.

Da unsere Firma keine Quadro-Platten als solche herstellte, hatten die Platten den üblichen Stereopreis. Es gab keine Markteinführung, weil unsere Firma dem Quad-Matrix-Wirrwarr skeptisch gegenüberstand.

Die Quadrophonie ist an der Aufstellung der Lautsprecher und dem notwendigen Abhörplatz in der Mitte gescheitert. Besonders die wirren Matrix-Quadroverfahren führten zu einer Phasen- und Pegel-»Verquirlung« der Signale mit verwaschener Zufalls-Lokalisation. Es stört, dass es eine »Doppel-Stereophonie« hinten und vorn gibt, ohne Schallquellen an der Seite. Das beste Verfahren zur damaligen Zeit war das DC-4 Verfahren von der Firma »Nivico« Nippon Victor Company (JVC) in Zusammenarbeit mit RCA und Panasonic, das 4 diskrete Kanäle mit ausreichender Kanaltrennung (15 dB) wiedergeben konnte. Die Platten mussten aber mit halber Geschwindigkeit geschnitten werden und man brauchte zur Wiedergabe eine Abtastnadel mit kleiner spezieller Nadelverrundung, um hohe Frequenzen abtasten zu können sowie einen Demodulator. Weiter eiferten noch die Firma Sansui mit QS mit, was die EMI dann RM (Regular Matrix) taufte und UMX und UD-4 von Duane H. Cooper und Takeo Shiga mit der Firma Denon (Nippon Columbia Company). Weiterhin gab es EVX-4 und EVX-44 von Peter Scheiber mit Electro Voice


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