- 9 -Probst-Effah, Gisela (Hrsg.): Musikalische Volkskultur und elektronische Medien 
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anhand der Expeditionsaufnahmen, dass die Guarani jedoch auch andere Sprachen beherrschten.

Auf Grund übereinstimmender Aussagen der betreffenden Feldforscher ging der Archivtechniker Fritz Hauser daran, einen leichteren, bedienungsfreundlicheren Phonographen zu konstruieren, und es kam im Verlauf der ersten zwanzig Jahre seit der Gründung des Archivs noch zu weiteren Entwicklungen und Verbesserungen. Schließlich konnte der Physiker Fritz Hajek, ursprünglich als Mitarbeiter am Phonogrammarchiv tätig und später der Nachfolger des Physiologen Sigmund Exner in der Funktion des Leiters, das Gewicht des Archiv Phonograph Type V auf 9,5 kg herabsetzen. Mit den technischen Vereinfachungen gingen Änderungen hinsichtlich der Feldforschungsstrategien Hand in Hand.

Mit einem schon leichteren »Reisephonographen« unternahm der Arzt und Anthropologe Rudolf Pöch3

Pöch wurde 1913 zum ersten Lehrkanzelinhaber für Anthropologie und Ethnographie an der Universität Wien bestellt. -->

3   Pöch wurde 1913 zum ersten Lehrkanzelinhaber für Anthropologie und Ethnographie an der Universität Wien bestellt.

1904–06 eine Expedition nach Neuguinea, zunächst im deutschen, später im englischen Protektorat. Pöch, der damals im Phonogrammarchiv arbeitete, setzte als Pionier der modernen Feldforschung auf seinen Reisen zu Dokumentationszwecken nicht allein den Phonographen ein, sondern er bediente sich als erster multimedial ausgerichteter Feldforscher auch der Photographie und des Filmens.4

4   Zu Pöchs Sammlung gehören noch Realien wie Gebrauchsgegenstände, Schmuck, Musikinstrumente und Skelette, die dem Arzt und Anthropologen interessant erschienen.

Die Expeditionsberichte Pöchs umfassen Reiseumstände, Beschreibungen von Gegenständen und Bedingungen bei den Feldforschungen. Er berichtet beispielshalber, dass bisweilen beim Stamm der Monumbos bis zu achtzig Personen zusammentrafen, um den Phonographen zu hören und in diesen Apparat hineinzusprechen bzw. -zusingen und -zuspielen. Das Interesse für die persönlichen Klangproben herrschte vor. Pöch bemerkte auch, dass nach einigem Abhören die Gewährspersonen begriffen hatten, was eine gute oder eine schlechte Aufnahme war. Somit konnten sie ihre Fehler bei weiterem Phonographieren vermeiden. Modern erwies sich Pöch in seinen Erhebungen auch insofern, als er in Neuguinea Schulen aufsuchte, denn er wollte wissen, wie die Kinder und Jugendlichen mit europäischer Musik umgingen. Sie lernten rasch die im Unterricht angebotenen Lieder. Als Kuriosum sei noch erwähnt, dass Pöch an Metallmaultrommeln, die die einheimische Susap verdrängt hatten, den Vermerk »Made in Austria« fand (Pöch 1907, S. 17). Wie man weiß, produzierte man in Molln/Oberösterreich Maultrommeln, die in die ganze Welt exportiert wurden.

In Pöchs vorbildlichen, präzisen Protokollen findet sich implizit ein Appell zu Nach- und Kontrollerhebungen: Am 2.10.1904 kam es zu einer Aufnahme einer Murup, der heiligen Zeremonialflöte des Stammes der Monumbo. Dazu findet sich im Protokoll zu Phonogramm 374 der Vermerk:

Auf diesen Flöten wird bei Zeremonien und Festen gespielt. […] im Dorfe liegen die Murup-Gegenstände, z. B. die gleichfalls Murup genannten Masken in einem besonderen Häuschen, Frauen durften sie nicht sehen.


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