- 8 -Probst-Effah, Gisela (Hrsg.): Musikalische Volkskultur und elektronische Medien 
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sich auf Urheber und Archivar, den rechtlichen Status der Verwendung der Aufnahmen und die Archivnummern, unter denen die kopierten bzw. nunmehr geklonten Aufnahmen zu finden und zu zitieren sind. Daran schließen sich die inhaltlichen Einzelheiten der Protokolle an, die eine Feldforschung transparent machen.

Bereits die Gründungsväter des Phonogrammarchivs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften bestimmten, dass auf der ganzen Welt Tondokumente erzeugt werden sollten, legte ein Forscher ein wissenschaftlich fundiertes Vorhaben dar. In diesem Fall stand ihm eine dem Phonogrammarchiv gehörende technische Ausrüstung zur Verfügung, mit der Auflage, die getätigten Aufnahmen nur in diesem Institut zu archivieren und ein Belegexemplar von Veröffentlichungen, die auf Materialien aus der so unterstützten Feldforschung basieren, dem Archiv zu schenken. Auch Angehörige des Phonogrammarchivs sollten Feldforschungen durchführen. Kooperationen mit Akademie- und Universitätsinstituten sowie Museen erwiesen sich als äußerst gedeihlich. Schon in den ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts gab es Sammelergebnisse aus vielen Teilen Europas, aus Südamerika, Asien und Ozeanien, aus Afrika und Grönland. Auch mit dem 1904 gegründeten Compoundarchiv Österreichisches Volksliedunternehmen – nach dem Zweiten Weltkrieg Österreichisches Volksliedwerk genannt – zeichnete sich alsbald eine gelegentliche Zusammenarbeit ab.

Um Tonaufnahmen herzustellen und in unveränderter Qualität zu bewahren, bedurfte es mehrerer Entwicklungen auf technischem Gebiet. Der erste Aufnahmeapparat, der Archiv Phonograph Type I, wurde 1901 bei mehreren Feldstudien eingesetzt, um ihn auf seine Brauchbarkeit im Terrain zu testen. Er wog allerdings 45 kg. Zufolge dieses exorbitanten Gewichts beklagten die Forscher Transportschwierigkeiten im Gelände. Aus einem Expeditionsbericht des Jahres 1901, verfasst vom Slawisten Milan von Rešetar, geht hervor, dass die Aufnahmeorte zwischen Drau und Save / Kroatien entlang einer Bahnlinie zu wählen waren. Es gab keine Möglichkeit, den Phonographen gemeinsam mit weiterem Equipment – mit einem Gesamtgewicht von 120 kg – in abgelegene Örtlichkeiten zu befördern. Rešetar bemühte sich bei Wochen- und Monatsmärkten, die Bauern zu überreden, sich für eine Tonaufnahme zur Verfügung zu stellen. Aber man misstraute dem »Herrn«, der Stimmen »fangen« wollte (Exner 1902, S. 24). Nur wenige waren schließlich bereit, in einem Hotelzimmer, also in einer völlig fremden Umgebung, die Aufnahmeprozedur über sich ergehen zu lassen. Daraus ergab sich der jeder Feldforschung abträgliche Umstand, Informanten zum Gerät zu bringen, statt umgekehrt. Man muss annehmen, dass eine hohe Hemmschwelle seitens der Gewährspersonen die Normalität, d. h. auch die Qualität der aufzunehmenden Inhalte herabsetzte.

Ebenfalls 1901 machte im Rahmen einer naturkundlichen Expedition der Botaniker Richard von Wettstein zusammen mit dem Geologen und Meteorologen Fritz Kerner Ritter von Marilaun Testaufnahmen in Brasilien. Dafür wurden zwei Guarani-Indios aus ihren Heimatdörfern nach São Paulo mitgenommen, wo man am 7. Juli 1901 wiederum in einem Hotelzimmer phonographierte. Die so entstandenen neun Musik- und Sprachbelege sind die ältesten Tondokumente der besagten Ethnie. Wollen wir noch vermerken, dass Guarani von etlichen Stämmen Brasiliens und der Mehrheitsbevölkerung in Paraguay gesprochen wird, wo es seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts die zweite offizielle Staatssprache ist.

Andres Corrales: Freundl. Mittlg. Corrales ist Paraguayo. Er lehrt an der Wirtschaftsuniversität in Wien und am Institut für Romanistik der Universität Wien. --> 2

2   Andres Corrales: Freundl. Mittlg. Corrales ist Paraguayo. Er lehrt an der Wirtschaftsuniversität in Wien und am Institut für Romanistik der Universität Wien.

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