Zwei Musikbeispiele
Mein erstes Beispiel stammt aus der sog. Südtirolsammlung des Musikwissenschaftlers
und Volksliedforschers Alfred Quellmalz. In den Jahren 1940 bis 1942 führte Quellmalz
in Südtirol Feldforschungen mit Tonaufnahmen durch. Daraus stammt das
Hörbeispiel der alten Kirchensinger aus Kolfuschg (Corvara) im ladinischen Gadertal
mit dem Osterlied Erstanden ist der heilige Christ, aufgenommen am 6. März
1941.9
Hörbeispiel von der CD zur Publikation: Josef Sulz / Thomas Nußbaumer (Hg.): Religiöse
Volksmusik in den Alpen. Musikalisch-volkskundliche und theologische Aspekte. Anif/Salzburg
2002 (Tonbeispiel Nr. 28).-->
Quellmalz’ Interesse richtete sich vor allem auf historisch ›wertvolle‹ ›alte‹ Lieder und
Instrumentalstücke, in denen er Reste von Praktiken und Stilen älterer Kunstmusik erhalten
glaubte. Entsprechend fahndete er bei den Liedern nach ungewöhnlichen Formen der
Mehrstimmigkeit. Besonders stimulierten ihn die vereinzelten Funde überraschender
Quintparallelen, die er als Relikte frühchristlicher Mehrstimmigkeit identifizierte. In den
Liedern der ehemaligen Kirchensinger von Kolfuschg nun entdeckte er parallele Quinten.
Diese Männergruppe war jedoch zur damaligen Zeit seit sechzehn Jahren nicht mehr
aktiv. Quellmalz erreichte allerdings, dass sie für ihn nochmals sangen. Für die
Bewertung dieser Aufnahme haben solche kontextuellen Aspekte entscheidende
Bedeutung:10
Hierzu und zum Folgenden Nußbaumer, Thomas: Die Südtirolsammlung Quellmalz als Quelle
für das geistliche Lied um 1940. In: Josef Sulz / Thomas Nußbaumer (Hg.): Religiöse
Volksmusik in den Alpen. Musikalisch-volkskundliche und theologische Aspekte. Anif/Salzburg
2002. S. 127–177, bes. S. 146–151.-->
- Zum einen erfolgte die Aufnahme in damals fortschrittlicher Technik mit dem sog.
K4-Magnetophon, einem der
ersten elektrisch betriebenen Aufnahmegeräte.