Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges lebt das Lied, vor allem der Liedanfang, in
der Erinnerung nur mehr weiter als sprechende Metapher für das Kaiserreich.
So heißt es etwa in Johannes Bobrowskis Roman »Levins Mühle« (1964)
über den »evangelischen Belialssohn Glinski«, er sei »der galizische Landrat
des preußischen Königs, dieser so frischgebackenen wie altertümlichen
Majestät, die, nach einem Liede zu schließen, ein guter Mann ist, wohnhaft zu
Berlin«.
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Und 1974 benannte gar der Bühnenautor Hermann Gressieker sein Stück über Wilhelm II. nach
diesem Lied.
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Exkurs: Ungesungene Parodien
Gressiekers Theaterstück ist intendiert als »tragische Komödie« und zeigt im ersten
Akt Wilhelm II. in Konversation mit seinem Hoffriseur Gustav Haby. Dabei
fragt der Kaiser seinen Friseur u. a. auch nach einem »Lied, das da neuerdings
herumgeht unterm Volk«, eine »Verhunzung des guten Volksliedes«, und lässt sich
von der Gattin des Friseurs den »Gassenhauer, der dies in den Dreck zieht«
vorsingen:
Der Kaiser ist ein lieber Mann,
er meint, dass er regiert.
Doch seht nur seinen Kanzler an,
wie der den Kaiser kirrt.
Der Kanzler ist ein schlauer Mann,
gar fein im Intrigier’n,
doch Einer im Auswärt’gen Amt,
der fädelt ein den Zwirn.
Man sieht ihn nit, man hört ihn nit,
der Kaiser kennt ihn kaum.
Der Zwirn, der ist ein Band, womit
Er beide führt am Zaum.
Geheimrat Holstein heißt der Mann,
sehr klein, doch groß am Werk.
Denn als der Riese Bismarck ging,
da ließ er uns den Zwerg.
Der »Wirkliche Geheime Rat«
hat einen großen Hut,
da sitzt er drin und sinnt und spinnt.
Weiß keiner, was er tut.
Weiß keiner, was er tat und tut:
Man sieht nur einen
Hut.32