Die zunehmend ritualisierte Inszenierung solcher patriotischer Feierlichkeiten hatte zur
Folge, dass in der Zeit der Jahrhundertwende auch eine Liedversion zum Lobe der
Kaiserin aufkam:
Die Kaiserin
- Im alten stolzen Königsschloß dort in der Stadt Berlin,
da wohnt mit unserm Kaiser mild, die gute Kaiserin.
- Ach könnt’ ich sie doch sehn einmal! ach wär ich in Berlin!
Ich brächt die schönsten Blumen gern der guten Kaiserin.
- Und täglich will ich beten fromm mit reinem Kindersinn:
»Mein Gott, beschütze immerdar die gute
Kaiserin!«18
Der Text basiert auf einem fünfstrophigen Lied gleichen Titels und Inhaltes
von Alfred Gräßner, »Königlicher Musikdirektor und Seminarlehrer in
Weißenfels«. Die von ihm dafür verwendete Melodie schreibt Gräßner
dem Weißenfelser Kantor Karl Ludwig Traugott Gläser (1747–1797)
zu.19
Allerdings vermerkte schon Gräßner in seinem für die Unterstufe herausgegeben
»Volksliederbuch« ausdrücklich, dass sein Text auf die Kaiserin auch nach
der Melodie von »Der Kaiser ist ein lieber Mann« gesungen werden
könne.
20
Gräßner war hinsichtlich der potentiellen Textkorpus-Erweiterung des Liedes »Der
Kaiser ist ein lieber Mann« ein besonders rühriger Autor. In der Ausgabe