alte Zeiten,
Volkskunst und Traditionelle Kultur widerspiegelt; über sie informieren die Websites http://www.centerfolk.ru und http://www.ntvr.ru. Hervorzuheben ist auch die
Tätigkeit des folkloristisch-ethnographischen Zentrums von Anatolij M. Mechnezov in
Sankt Petersburg, welches Volksmusik aus dem Nordwesten Russlands gesammelt und
im Laufe der letzten Jahre veröffentlicht hat. Eine bedeutende Arbeit bei der
Organisation wissenschaftlicher Konferenzen zu Fragen der traditionellen Kultur leistet
das Russische Institut für Kunstgeschichte in Sankt Petersburg, das über ein großes
Musik- und Folklorearchiv verfügt und eine wichtige Rolle beim Sammeln und
Aufbewahren von Volksmusik spielt. Im Allgemeinen beschäftigen sich diese Zentren
bzw. Institute mit den Problemen der russischen Volksmusik. Aber in Astrachan z. B.
geschah die Schaffung eines solchen Zentrums im Jahr 2000 – des Staatlichen
Folklorezentrums Astrachaner Lied (http://www.astrasong.ru) – bewusst unter dem
Aspekt der Erforschung der kulturellen Traditionen verschiedener Ethnien des
Wolgagebiets (Russen, Deutsche, Kalmücken, Tataren, Kasachen u. a.). Dabei werden
von der Unterabteilung des Zentrums, dem Folkloreensemble Astrachaner Lied, das
schon seit 26 Jahren existiert, außer wissenschaftlicher Arbeit, Sammel- und
Verlagstätigkeit polyethnische Konzertprogramme vorbereitet, die sich unmittelbar
auf die Feldaufzeichnungen in den Wolgadörfern stützen. 1978 gelang es dem
Ensemble, die Musik zu traditionellen russischen Hochzeiten an der Unteren Wolga
nachzugestalten. Erst 1991 wurde es von den Massenmedien beachtet, nicht in Russland,
sondern in den USA, als Alan Kriegsman in The Washington Post erklärte,
dass das Astrachaner Lied im Unterschied zum Ensemble von Ihor Moissejev
russische Traditionen nicht bearbeitet, sondern sie in der originalen Gestalt
und mit der ursprünglichen Musik darstellt. Immer wieder wird nach unseren
Gastspielen in Südtirol (1996), Deutschland (1998) und Italien (2001) in der
ausländischen Presse betont, welch wichtige Bedeutung die Präsentation authentischer,
unbekannter Kulturtraditionen der Völkerschaften Russlands durch das Ensemble
Astrachaner Lied hat. Gleichzeitig bleiben wir jedoch in unseren Massenmedien
unbekannt, finden wir in offiziellen Kreisen keine Zustimmung. Die Staatsbeamten für
Kultur in Astrachan erklärten mir mehrmals, dass es schlecht und falsch sei,
dass wir die vom Volk geliebten Lieder nicht singen: gemeint sind Kneipen-
und Gefängnislieder aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts und sowjetische
Massenlieder über die Heimat. Sehr widersprüchlich ist auch das Verhältnis
der Beamten zu unserer Darstellung der deutschen Folklore, obwohl es dem
Ensemble Astrachaner Lied 1994 gelang, die Musik der Russlanddeutschen –
zum ersten Mal nach ihrer Deportation nach Sibirien und Kasachstan – im
Zentralen Fernsehen vorzustellen. Immer wieder wird Empörung geäußert, weil
wir angeblich Lieder darbieten, die »dem Volk unbekannt sind und die die
Zuschauer nicht mitsingen können«. Das stalinistische Prinzip – zur Zeit grausamer
Repressionen das Publikum mit Komödienfilmen wie Die Kosaken vom Kuban
abzulenken – ist im Bewusstsein vieler Beamter völlig erhalten geblieben und
hat seine Autorität bis heute nicht verloren. Ständig versucht man, unsere
Gruppe als ein Unterhaltungsensemble zu betrachten. Sie soll nach offizieller
Auffassung die Menschen in Russland erheitern, belustigen und unterhalten: Eine
solche Auffassung von der Aufgabe der musikalischen Volkskultur geht auf
die Stalinzeit zurück und ist bis heute vollständig erhalten geblieben. Es ist
ganz
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