- 226 -Probst-Effah, Gisela (Hrsg.): Musikalische Volkskultur und elektronische Medien 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (225)Nächste Seite (227) Letzte Seite (270)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Bühnen: Zu erwähnen sind u. a. Tatiana Digun (Tschechow), Natalja Giljarova (Moskau), Ekaterina Dorochova (Moskau), Tatiana Ruditschenko (Rostov-am-Don), Elena Schischkina-Fischer (Astrachan). Alle diese Gruppen beziehen sich in ihrem Schaffen auf die authentische Volksmusik. Sie führen regelmäßige Feldforschungen durch. Dabei nehmen sie am Dorfleben teil und beziehen Darsteller aus dem Volk in ihre schöpferische Arbeit mit ein. Einige wenig bekannte Ensembles aus verschiedenen Städten Russlands erzielen bedeutende Erfolge mit der Darbietung traditioneller regionaler Traditionen des mehrstimmigen russischen Volksgesangs mit seinen vielfältigen Klangfarben. Dies wurde bestätigt bei dem Allrussischen Sängerwettbewerb Die Stimmen Russlands, an dem 1991 29 und 1994 bereits 56 Gruppen teilnahmen. Dennoch bleibt der größte Teil dieser Ensembles für viele Zuhörer in unserem Land gerade wegen ihrer Originalität unbekannt, denn im zentralen Fernsehen Russlands werden vor allem der approbierte »solistische Volksgesang« und Gruppen mit dem bekannten Repertoire dargeboten. Und auf CDs wird eine kommerzialisierte, verschlagerte Musik verbreitet.

Der »solistische Volksgesang« an den Hochschulen

Die Generallinie für den »korrekten russischen Volksgesang«, den man vor allem mit einem akademisierten einstimmigen Singen der Texte russischer Volkslieder gleichsetzte, wurde in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts ausgearbeitet. An den führenden Musikhochschulen des Landes wurden Lehrstühle für Sologesang der russischen Volkslieder geschaffen, und bis in die Gegenwart wird dort eine einheitliche Klangfarbe bzw. Stimmlage bei der Ausführung von Liedern verschiedener Genres und unterschiedlicher regionaler Gesangstraditionen gelehrt. Der gesamte Bestand des russischen Volksgesangs wird dabei auf drei Hauptgattungen reduziert: lyrische Lieder, Scherzlieder und Vierzeiler (Tschastuschki). Diese Generallinie dominiert noch immer und beeinflusst alle Massenmedien in Russland. So zeigt das zentrale Fernsehen Aufnahmen mit Ljudmila Zykina, dem Ensemble Der goldene Ring mit Nadeshda Kadyscheva und dem Ensemble Das russische Lied mit Nadeshda Babkina. Über Nadeshda Babkina äußerte Wjatscheslav M. Schtschurov, Professor des Moskauer Konservatoriums und einer der besten Kenner der russischen Musikfolklore:

Kosaken- oder südrussische Volkslieder in einer amerikanisierten glänzenden Verpackung: das ist ein Fehltritt, der zu einem sinnlosen stilistischen Eklektizismus führt …Wahrscheinlich im Hinblick auf das anspruchslose Publikum, welches gewohnte Schlager verlangt, schließt man ins Programm Lieder ein, die schon zur Plage geworden sind (W. Schutschurov: Riskante Suche. In: Volksschaffen. 5/1998. S. 13).


Erste Seite (i) Vorherige Seite (225)Nächste Seite (227) Letzte Seite (270)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 226 -Probst-Effah, Gisela (Hrsg.): Musikalische Volkskultur und elektronische Medien