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Die zweite Strophe lässt jedoch erkennen, dass ein wesentlicher Anstoß zur Parodierung hier aber auch – wie bisher überwiegend – von einer Textassoziation ausging: nämlich von jener oben zitierten zweiten Zeile der originalen Eingangsstrophe mit ihrer Bewunderung für »goldnes blondes Haar« – anlog der aus dem Rassenwahn des Regimes erwachsenen Vorstellung vom »germanischen« Idealtypus des nicht nur blauäugigen, sondern auch blonden »nordischen« Menschen: eine abstruse Fiktion, der paradoxerweise ja fast niemand unter den NS-Granden wirklich entsprach.

7. Lili Marleen

Die potentielle Wirkkraft – um nicht zu sagen Sprengkraft – von Parodien zu Medienhits belegen auch zahlreiche Umdichtungen des meistparodierten Schlagers der NS-Zeit überhaupt: Lili Marleen – ein Titel, der ja zumal aufgrund seines von Reichpropagandaminister Goebbels inkriminierten »Defaitismus« der Schlussstrophe vom toten Soldaten im Grab ohnehin politisch belastet und verboten worden war und der für seine Interpretin Lale Andersen durch einen aus Angst vor Verhaftung und Konzentrationslager unternommenen Selbstmordversuch beinahe tödliche Folgen gehabt hätte. Bekanntlich wurde der Schlager, dessen Text Hans Leip 1915 schrieb und 1937 überarbeitete und der dann von Norbert Schultze 1937 vertont wurde, in der von Lale Andersen 1939 bei Electrola auf Schallplatte gesungenen Fassung vom Soldatensender Belgrad allabendlich zum Zapfenstreich knapp fünf Minuten vor 22 Uhr – jeweils am Ende der Sendung Wir grüßen unsere Hörer – ausgestrahlt. Jedesmal wurde er von vielen Frontsoldaten aller Kriegsgegner sehnlichst erwartet und an allen Fronten wie auch in der Heimat begierig mitgehört (wie es übrigens dann nochmals für die Kriege in Korea, Algerien und Vietnam,43

Peters, Christian: Lili Marleen. Ein Schlager macht Geschichte. Bonn: Stiftung Haus der Geschichte, 2001. S. 3.-->

43   Peters, Christian: Lili Marleen. Ein Schlager macht Geschichte. Bonn: Stiftung Haus der Geschichte, 2001. S. 3.

belegt ist) wobei die Waffen schwiegen.

Hier zur Erinnerung nochmals die erste und jene Goebbels suspekte letzte Strophe im Originalwortlaut:


PIC

Abbildung 7



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