Wenn des Nachts um 12 Uhr die Sirene geht
und wir dann mit Sack und Pack zum Keller gehn,
//: wo die Bomben fallen auf so manches Haus,
da ist meine Heimat, da bin ich zu Haus, ://.
Wo der Flaksoldat getreu auf Posten steht
und der Scheinwerfer am hohen Himmel geht,
//: wo Piloten schießen aus dem Flugzeug raus,
da ist meine Heimat, da bin ich zu Haus, ://.
Wo des Nachts um drei Uhr die Entwarnung braust
und wir aus dem Luftschutzkeller geh’n nach Haus,
//: schlafen süß nun weiter, bis der Tag anbricht,
da ist meine Heimat, die vergeß ich nicht, ://.
6. Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren
Der vorletzte Schlager, zu dem hier eine Anti-NS-Parodie vorgestellt werden soll, hat
einen jüdischen böhmisch-österreichischen Text-Koautor, der als Häftling im KZ
Buchenwald auch den Text des Buchenwaldliedes »Wenn der Tag erwacht,
eh’ die Sonne lacht« verfasste und 1942 im KZ Auschwitz ermordet wurde.
Es handelt sich um den unter dem Pseudonym Beda schreibenden Fritz
Löhner.40
Lexikon des deutschen Schlagers. A. a. O. S. 93.-->
Zusammen mit Ernst Neubach schuf er einen Schlagertext mit dem Inzipit
Es war an einem Abend, als ich kaum 20 Jahr
Da küßt’ ich rote Lippen und goldnes, blondes Haar.
Den Text vertonte 1924 Fred Raymond und kam damit zu seinem ersten großen
Erfolg. Der hier – nur melodisch – als Vorlage der Parodie dienende Refrain
lautete:
Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren
in einer lauen Sommernacht.
Ich war verliebt bis über beide Ohren,
und wie ein Röslein hat ihr Mund gelacht.
Und als wir Abschied nahmen vor den Toren,
beim letzten Kuß, da hab ich’s klar erkannt,
dass ich mein Herz in Heidelberg verloren,
mein Herz, es schlägt am Neckarstrand.
Vermutlich ist hier eben diese jüdische Ko-Autorschaft an diesem Schlager einer der
Gründe dafür, weshalb die Refrainmelodie gerade dieses Schlagers Vorlage für eine
Parodie41
Dokument S 11. Material zum NS-Projekt.-->
wurde, die mit beißender Ironie in einer stellenweise bewusst »alt-teutsch« gefärbten
Sprache den Rassenwahn des Regimes ad absurdum führt: