- 2 -Probst-Effah, Gisela (Hrsg.): Musikalische Volkskultur und elektronische Medien 
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2. Über hundert Jahre Berliner Phonogramm-Archiv

Diese Frage wurde auch immer wieder bei der Konferenz thematisiert, die anlässlich des 100. Jubiläums des Berliner Phonogramm-Archivs im September 2000 im Ethnologischen Museum in Berlin stattfand. Die Zukunft des Berliner Phonogramm-Archivs war zu diesem Zeitpunkt ungewiss. Zwei Jahre vorher waren die Abteilungen des Museums zugunsten einer zentralen Verwaltung aufgelöst worden. Das Sekretariat des Phonogramm-Archivs wurde abgeschafft und der Tontechniker anderweitig im Museum eingesetzt. Die wertvolle Musikinstrumentensammlung betreuten jetzt Laien, die beim Aufräumen prompt einigen Trommeln die falschen Schlegel und Blasinstrumenten die falschen Mundstücke zuordneten. Artur Simon, der das Archiv bald dreißig Jahre geleitet hatte und zu diesem Zeitpunkt der einzige fest angestellte Musikethnologe war, stand kurz vor der Pensionierung, und es wurde befürchtet, dass seine Stelle nicht mehr durch einen Fachkollegen besetzt werden würde.

Dieser Zustand bildete einen krassen Gegensatz zur wissenschafts- und kulturhistorischen Bedeutung des Berliner Phonogramm-Archivs, das eines der ältesten Musikarchive der Welt mit umfangreichen Sammlungen aus einhundert Jahren Weltmusikgeschichte ist sowie Entstehungsort der Vergleichenden Musikwissenschaft. Auch die Aufnahme der Sammlung von Edison-Zylindern in die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO 1999 hatte vorerst nichts daran geändert. 2

2   Im Museum werden heute im wörtlichen Sinn nur die mit dem Phonographen aufgenommenen Edison-Zylinder als Berliner Phonogramm-Archiv betrachtet, die durch die Aufnahme in die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO die Aufmerksamkeit der Administratoren gewonnen haben. Das Archiv war 1934 von den Nationalsozialisten aus dem Hochschulbetrieb ausgegliedert und in das damalige Museum für Völkerkunde verlegt worden. Dort wurde es 1963 in Musikethnologische Abteilung und später in Abteilung Musikethnologie umbenannt. Nach der Auflösung der Abteilungen 1998 wurde der Terminus Fachreferat Musikethnologie eingeführt. In der internationalen Fachkollegenschaft wird dagegen weiterhin der ursprüngliche Name benutzt.

Doch weiteren Bemühungen der Deutschen UNESCO-Kommission und des ICTM ist es zu verdanken, dass das Museum seine Politik inzwischen geändert hat. Das Archiv wurde wieder zur Abteilung Musikethnologie erklärt. Simons Stelle wurde nur wenige Monate nach seiner Pensionierung neu besetzt. Darüber hinaus wurde im Oktober 2004 – mit fast vierzigjähriger Verspätung – die Assistentenstelle eingerichtet, die bereits Dieter Christensen versprochen worden war, als dieser 1968 die Leitung des Archivs übernahm (Christensen 2002, S. 28). Im selben Jahr wurde auch wieder ein Tontechniker eingestellt. Eine der beiden freien Mitarbeiterinnen konnte ihre Honorartätigkeit durch eine Klage vor dem Arbeitsgericht in eine feste Stelle umwandeln, während die andere heute arbeitslos ist.

Jetzt sollte es das vordringliche Ziel sein, die beträchtlichen Tonband-Sammlungen zu digitalisieren, um den Bestand zu sichern. Die technische Ausstattung dafür wurde längst beantragt. Parallel dazu wäre eine quellenkritische Katalogisierung notwendig. Neben diesen umfangreichen Arbeiten soll die traditionsreiche LP- bzw. CD-Reihe Museum Collection weitergeführt werden.

Den Besuchern des Museums präsentiert sich das Archiv – außer durch den Verkauf der CDs – nur durch eine kleine Ausstellung von Musikinstrumenten in einem abgelegenen Winkel des Museums. Mit einer größeren personellen Besetzung und


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